Fusion zweier Alternativen

Die GLS Gemeinschaftsbank übernimmt zum 1. Januar die Kunden und die Geschäfte der einstigen Ökobank. Damit hat sie künftig auch Girokonten und ökologische Baufinanzierung im Angebot

Vor geraumer Zeit gab es einen Knick bei der bis dahin aufstrebenden Frankfurter Ökobank. Zwei faule Kredite größeren Ausmaßes führten in die Pleite. Seinerzeit stand die Bochumer GLS Gemeinschaftsbank bereit, die Geschäfte zu übernehmen. Die Konditionen ließ die Banker von dem Plan jedoch Abstand nehmen. Der neue Anlauf soll gelingen: Am 1. Januar 2003 geht die Ökobank in der GLS auf. Über die Fusion und deren Folgen sprachen wir mit GLS-Vorstand Thomas Jorberg.

taz: Bei der Fusion von Konzernen gibt es hunderte Mitarbeiter, die gemeinsam eine Verschmelzung der Betriebe vorbereiten. Wie fusioniert man zwei relativ kleine Banken?

Thomas Jorberg: Bei uns ist das natürlich ein Aufwand, der durch alle Abteilungen geht. Wir haben ein Projekt mit zum Teil externer Moderation aufgelegt, sodass die jeweiligen Bereiche zusammenfinden. Aber: Es sind ja schon nicht mehr zwei selbstständige Banken, sondern die Ökobank wurde bereits von der Bankaktiengesellschaft BAG saniert. Insofern übernehmen wir das Kundengeschäft. Die zentralen Funktionen – wie Rechnungswesen, Stabsstellen, Controlling oder Vorstand – gibt es nicht mehr bei der Ökobank.

Ist die Verschmelzung allein ein logistisches Problem oder auch ein inhaltliches, gar weltanschauliches?

Es ist sehr stark ein logistisches Problem. Inhaltlich ergänzen wir uns. Die Ökobank war sehr viel bekannter, hatte auch ökologische Baufinanzierung, was wir bislang nicht hatten. Die GLS ist hingegen im Bereich Schenkungen und im Beteiligungsgeschäft sehr aktiv; das hatte die Ökobank nicht. Geschäftspolitisch passt das gut zusammen.

Meine Frage zielt in eine andere Richtung: Die GLS wurde von einem Anthroposophen gegründet, was man heute nicht mehr so betont wie noch vor ein paar Jahren. Gibt es auf dieser Ebene Konflikte mit Ökobank-Mitarbeitern?

Konflikte sind mir nicht bekannt. Es gab aber sicherlich Fragen der Ökobank-Mitarbeiter wie: „Was ist Anthroposophie? Welche Rolle spielt das bei der Bank?“ – aber da ist die Begegnung mit Mitarbeitern der GLS ganz wichtig. Denn es ist ja nicht so, dass alle bei uns Beschäftigten Anthroposophen sind, aber wir betrachten die entwickelten Arbeitsweisen als zukunftsweisend. Wir gehen zum Beispiel mit drei unterschiedlichen Arten von Geld um: Schenkungsgeld, Krediten und Einlagen sowie Beteiligungen, was auf eine Anregung von Rudolf Steiner zurückgeht, die ganz unmittelbar als gesellschaftliche Notwendigkeit nachvollziehbar ist.

Die Bandbreite reicht von der Stiftung bis zur rentablen Geldanlage. Es geht bei dieser Frage also um die Sinnhaftigkeit konkreter Arbeitsweisen und Angebote. Bisher gibt es da kein Problem.

Was unterscheidet Sie denn außerdem von der bisherigen Ökobank?

Wir sind stärker im gemeinnützigen Bereich tätig, während die Ökobank stärker im alternativ-gewerblichen Bereich tätig ist. Zudem arbeiten wir nicht ganz so basisdemokratisch. Wir haben keinen Beirat, der bei Kreditvergaben mit entscheidet, sondern wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass sie auch diese inhaltlichen Fragen beurteilen können.

Wann wird die Fusion abgeschlossen sein?

In der Zusammenführung werden wir sicherlich etwa ein Jahr brauchen, bis zum Beispiel die Direktbank für das gesamte Bundesgebiet so steht, dass wir sagen können: Es ist ein Angebot für alle Kunden der GLS/Ökobank. Das wird noch eine Herausforderung, aber wir wollen das möglichst im Jahr 2003 schaffen. Die Angebote selber ergänzen sich. So haben unsere Kunden immer wieder nach Girokonten gefragt, die wir bislang nicht anboten.

18.000 Kunden übernimmt die GLS. Lassen Sie da künftig zwei Kundendatenstämme parallel laufen?

Das wird komplett eine Bank. Alle Kunden haben künftig nur noch eine Bank als Ansprechpartner. Einige Mitarbeiter von uns sind schon seit Anfang dieses Jahres in Frankfurt tätig, um die Umstellung zu bewerkstelligen.

Die BAG ist dann also komplett draußen.

Die BAG ist eine Tochter des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken. Sie hat die Funktion, Banken oder Teile davon zu sanieren. Sie spielte insofern nur eine Zwischenrolle und hat im Jahre 2001 die Ökobank-Geschäfte aus der Genossenschaft ausgegliedert, um sie zu sanieren, weil das eigenständig nicht mehr möglich war. Die Geschäfte gehen ganz auf uns über, insofern ist die BAG dann „raus“.

Was kostet Sie die Ökobank-Übernahme?

Die Übernahme der Geschäfte kostet uns unmittelbar eine Million Euro. Diese Summe ist am einfachsten abzugrenzen, doch hinzu kommen Kosten für die internen Umstellungen. Das ist nicht so genau zu berechnen, zumal sich der persönliche Einsatz der Mitarbeiter nur schwer monetär beziffern lässt. Aber wir werden dies aus dem laufenden Haushalt abdecken.

Unterm Strich – das werden Sie betriebswirtschaftlich kalkuliert haben – wird sich die Übernahme rechnen?

Natürlich haben wir das berechnet. Das war ja auch der Grund, weshalb der erste Anlauf im Jahre 2000 zunächst gescheitert ist. Da hat es sich für uns nicht gerechnet, und wir mussten befürchten, dass die GLS hätte Schaden nehmen können. Das ist nun anders. Die Ökobank-Geschäfte werden nicht im ersten, aber ab dem zweiten Jahr einen positiven Beitrag zur Gesamtbank leisten können.

Haben Ihre Kunden mit steigenden Preisen für Produkte und Dienstleistungen zu rechnen?

Sicher nicht. Steigende Preise sind am Markt gar nicht durchsetzbar. Wird beispielsweise der Kreditzins hochgesetzt, würden auch unsere Kunden anderswo hingehen.

Planen Sie auch eine Ausweitung der Angebote in Sachen grünes Geld?

Zunächst wird vor allem das sozialökologische Banking gestärkt. Wir werden künftig auch entsprechende Investmentfonds anbieten, was die GLS bisher nicht tat. Dieses Thema wird nach dem Niedergang der Börsen im Moment aber nicht mehr so heiß diskutiert – und von den Kunden auch nicht mehr so intensiv nachgefragt – wie noch vor anderthalb Jahren. Deshalb können wir jetzt etwas nüchterner damit umgehen und entwickeln eigene Kriterien für dieses Segment.

Wann können Anleger mit Ökofonds aus Ihrem Hause rechnen?

Ab nächstem Jahr werden wir die Fonds, die die Ökobank heute anbietet, weiterführen. Ein eigener GLS-Fonds wird sicher noch etwas länger dauern.

INTERVIEW: ANDREAS LOHSE