Die Bushifizierung schreitet voran

George W. Bush kann seine konservative Politik ungebremst fortsetzen. Noch lässt ihn seine patriotische Antiterrorstrategie bei den Wählern punkten

Bush hat klar gemacht, dass sein Versprechen, er werde überparteiliche Lösungen suchen, glatt gelogen war

aus Washington BERND PICKERT

Es ist eine klare Niederlage für die Demokraten und ein überwältigender Sieg für US-Präsident George W. Bush. In den nächsten zwei Jahren halten die konservativen Republikaner nicht nur das Weiße Haus, sondern auch den gesamten US-Kongress. Mit mindestens 51 Sitzen – bei zwei zunächst noch unentschiedenen Bundesstaaten – haben sie die Mehrheit im Senat wiedergewonnen. Das Repräsentantenhaus bleibt in ihrer Hand – hier hat die Neuordnung der Wahlbezirke dazu geführt, dass nur noch ein winziger Bruchteil der Mandate überhaupt umstritten ist.

Zur Hälfte seiner Amtszeit hat Bush damit jene Basis wiedergewonnen, die er 2001 nur wenige Monate nach Amtsantritt verloren hatte, als ein moderater republikanischer Senator die Partei verließ und damit das Patt im Senat zugunsten der Demokraten auflöste.

Schon war in den ersten Diskussionsrunden am Wahlabend von einer endgültigen „Bushifizierung“ der USA die Rede. Doch das erscheint verfrüht: Noch immer ist das Land politisch in fast genau zwei Hälften gespalten, die Mehrheiten in beiden Häusern des Kongresses sind knapp, und die Demokraten werden künftig in mindestens drei Staaten mehr den Gouverneur stellen als bisher. Für das politische System allerdings dürfte der Begriff zutreffen. Schon in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit hat Bush klar gemacht, dass seine Versprechen vor der Wahl, er werde moderat überparteiliche Lösungen suchen, glatt gelogen war. Stattdessen hat die Regierung einen konservativen Durchmarsch begonnen, den der 11. September und dessen Folgen patriotisch begleiteten.

Anders als frühere Zwischenwahlen hatte dieser Urnengang kein anerkanntes übergreifendes Thema. 1998 konnten die Demokraten leichte Zugewinne verbuchen – was allgemein der Unzufriedenheit vieler Wähler mit der konservativen Amtsenthebungskampagne gegen Präsident Bill Clinton wegen der Lewinsky-Affäre erklärt wurde. 1994 hatten die Republikaner den Kongress übenommen – ein Wahldenkzettel des weißen Mittelstandes für den gerade zwei Jahre regierenden liberalen Präsidenten. Und diesmal?

Trotz der Unternehmensskandale, des steigenden Haushaltsdefizits und taumelnder Wirtschaftsdaten ist es offenbar der auf dem Kampf gegen den Terror und den Ereignissen des 11. September gegründete Vertrauensvorschuss für Präsident Bush, der die Wahl hat entscheiden können, gepaart mit widersprüchlicher Unentschiedenheit der Demokraten. In mehr als einem Staat rühmten sich demokratische Senatoren, in entscheidenden Fragen an der Seite des Präsidenten gestanden zu haben, und hofften, damit nicht anzuecken. Jean Carnahan in Missouri etwa, die im Jahr 2000 auf den Senatssitz gerückt war, nachdem ihr eigentlich kandidierender Mann wenige Tage vor der Wahl ums Leben gekommen war. Carnahan verlor ihren Senatssitz, genau wie ihr demokratischer Fraktionskollege Max Cleland aus Georgia.

Die Kontrolle des Kongresses birgt für Präsident Bush Erleichterungen und Gefahren. Einerseits kann er nun hunderte bislang vom Senat blockierte Stellenbesetzungen vornehmen und die in den nächsten zwei Jahren frei werdenden Richterposten im Obersten Gerichtshof mit konservativen Hardlinern besetzen. Andererseits aber kann Bush künftig keine Kritik mehr an den Kongress delegieren wie bisher. Indem sich der Präsident so massiv in diesen Wahlkampf eingeschaltet hat, ist er ein hohes Risiko eingegangen: Immerhin wäre ihm eine Niederlage genauso zugeschrieben worden wie der Sieg. Das gleiche Risiko, so scheint es, wird er in zwei Jahren noch einmal eingehen müssen: Es gibt nichts, was die Aufmerksamkeit bei der Präsidentschaftswahl von ihm ablenken könnte. Und selbst Bush dürfte es schwerfallen, sein Antiterrorthema noch so lange Zeit weiterzumelken, dass es ihn in die Wiederwahl trägt.

Aber auch die Demokraten werden die Zeit brauchen, um Agenda und Personal zu finden, mit dem sie Bush herausfordern können. Die Parteiführung, selbst schon in versteckten Vorwahlkämpfen engagiert, muss an der Profilierung der Demokraten arbeiten. Ob sich Tom Daschle, der seinen Posten als Mehrheitsführer im Senat mit der Wahl verloren hat, wird halten können, ist fraglich. In seinem Heimatstaat South Dakota lagen bei Redaktionsschluss der demokratische Senator Tim Johnson und sein republikanischer Herausforderer nur 500 Stimmen auseinander.