philipp maußhardt über Klatsch
: Unsere Frau Schmidt der Herzen

In eineinhalb Jahren sitzt vermutlich eine Frau im Schloss Bellevue. Wir dürfen dann alle Mama zu ihr sagen

Wissen Prominente eigentlich, was sie anrichten? Sind sie darüber informiert, wie lästig sie sein können? Haben sie überhaupt ein Ahnung davon, wie schwerwiegend sich ihre Präsenz auf Normalbürger auswirken kann? Am Montag dieser Woche landete Prinz Charles mit einem Flugzeug des britischen Königshauses auf dem Flughafen von Florenz. Er wollte die internationale Konferenz „Social Forum“ dazu nutzen, mal wieder in seiner geliebten Toskana auf Kosten seiner britischen Staatsbürger ein Gläschen Chianti zu trinken. Sei ihm ja gegönnt.

Während also Prinz Charles in Vorfreude auf sein Glas Vino im Anflug ist, sperrt die Flugsicherung von Florenz „aus Sicherheitsgründen“ den Luftraum über der Toskana für eine Stunde. 98 Fluggäste des Lufthansa-Fluges Florenz–Frankfurt fliegen daher mit einer Stunde Verspätung ab. Sechs von ihnen erreichen aus diesem Grund in Frankfurt nicht mehr ihren Flug nach Kopenhagen. Neun von ihnen wollten noch am selben Tag weiter nach New York und müssen nun in Frankfurt übernachten. Zwei Reisende nach Hongkong werden in panischer Hektik in Frankfurt mit einem Kleinbus zu ihrem wartenden Flieger gekarrt. Eine Frau weint beinahe, weil sie ihren Anschlussflug nach Luxemburg verpasst. Oh Gott! Hoffentlich ist sie nicht erst am Mittwoch über Berlin geflogen!

Wüsste Prinz Charles, was er da angerichtet hat, es täte ihm sicher furchtbar Leid. „God bless you“ oder Ähnliches würde er sagen und mit seinen traurigen Augen noch trauriger schauen. Aber er wird es nie erfahren und die taz liest er wahrscheinlich nicht.

Man munkelt, der Ökolandwirt Prinz Charles (Renate Künast schwärmt von ihm) plane für nächstes Frühjahr seine Hochzeit mit Camilla Parker Bowles samt Flitterwochen in der Toskana. Die anglikanische Bischofskonferenz hat ja ihren Segen für die Wiederheirat des geschiedenen ewigen Thronfolgers schon gegeben. Nur besitzt zur großen Enttäuschung der vielen Royal-Fans (auch in unserer Republik) dieses ältliche Liebespaar kein bisschen Glamour. Es wird wohl eine eher stille Vermählung werden. Als „alte Kamelle“ oder als „herbstliche Dame“ bezeichnen böse deutsche Klatschreporter die Frau an Charles’ Seite, weil sie eben so gar nichts hergibt für die Klatschspalten. Was sie anderen wiederum sehr sympathisch macht. Insofern Christina Rau, unserer republikanischen Königin, nicht ganz unähnlich. Da müssen wir uns übrigens auf etwas gefasst machen: Im Mai 2004 wird der Bundespräsident neu gewählt und Johannes Rau wird es nicht noch einmal machen. Statt seiner soll eine Frau das höchste Staatsamt beerben, die man außerhalb Bayerns nicht unbedingt kennen muss. Jedenfalls bekommt Renate Schmidt, 58, immer erstaunlich viel Kreuzchen bei der Spiegel-Umfrage nach den beliebtesten deutschen Politikern im Kästchen „diese(r) Politiker(in) ist mir nicht bekannt“. Darum hat Kanzler Schröder die resolute Fränkin jetzt zur Familienministerin gemacht, damit sie in den kommenden eineinhalb Jahren ihren Bekanntheitsgrad noch etwas steigern kann.

Ein Vorteil von Renate Schmidt als Bundespräsidentin ist sicherlich, dass sie acht Jahre ihres Lebens beim Quelle-Versand gearbeitet hat und daher die Bedürfnisse der Deutschen sehr gut kennt. Außerdem hat sie eine mütterliche Ausstrahlung, die vor allem auf Männer wirkt. „Mama Renate“ – die Mutter der Nation. Ein schöner Titel, wo wir doch kein Königshaus haben. Noch vor vier Jahren sagte Renate Schmidt zwar, dass sie sich manchmal „mit Sehnsucht“ den Moment herbeisehne, an dem sie die Politik an den Nagel hängt. Aber das war, wie gesagt, vor vier Jahren und Sehnsüchte von Frauen wechseln ja schneller als das Wetter. Ab sofort also steht die schon in der Versenkung verschwunden gewesene Politikerin wieder unter strenger Beobachtung. Sie trinkt gerne Rotwein bis spät in die Nacht. Hoffentlich wird sie da nicht eines späten Abends red- und leutselig an der Bar des „Borchardts“ Adolf Hitler mit George Bush in einem Atemzug … Um Gottes willen! Da sind schon einmal Bundespräsidentinnen-Träume innerhalb von Sekunden zerplatzt.

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