DIE BUNDESWEHR IM ANTITERRORKAMPF – ERFOLGLOS INS NÄCHSTE JAHR
: Grußadresse nach Washington

Es gibt in der Politik einen eigenartigen Mechanismus: Werden bestimmte Fragen weder im Parlament noch von Lobbyisten aufgegriffen, dann erscheinen irgendwann diejenigen als Querulanten, die weiterhin an den Antworten interessiert sind. Das gilt sogar dann, wenn niemand es wagt, die Fragen für unwichtig zu erklären. Zu beobachten ist das gegenwärtig im Zusammenhang mit den Erfolgen – oder vielmehr: den Misserfolgen – der militärischen Bekämpfung des Terrorismus.

Bis heute kennt die Öffentlichkeit weder die Zahl der in Afghanistan getöteten Zivilisten, noch erfährt sie Einzelheiten über die Kampfhandlungen. Fest steht nur, dass in dem Land weiterhin kein Frieden herrscht. Der Sturz des Taliban-Regimes war gewiss ein Segen – aber nicht vorrangiges Kriegsziel. Ussama Bin Laden wurde nicht gefasst, sondern scheint sich an einem sicheren Ort aufzuhalten. Terrornetzwerke haben immer wieder ihre Handlungsfähigkeit bewiesen. Dort, wo es gelungen ist, ihre Pläne zu durchkreuzen oder führende Köpfe zu verhaften, war das meist der Arbeit von Geheimdiensten oder sogar normaler Polizeikräfte zu verdanken. Nicht dem Militär.

Es gibt bedrückende Indizien dafür, dass der Islamismus weiteren Zulauf findet. Ob das auch mit dem Abwurf von Streubomben in Afghanistan zu tun hat, über die heute im Westen niemand mehr spricht? Die Stationierung deutscher Spürpanzer in Kuwait birgt die Gefahr, in einen Krieg gegen den Irak verwickelt zu werden. Was die deutschen Marineeinheiten im Indischen Ozean eigentlich konkret zu tun haben, bleibt deren Geheimnis.

Dennoch wird der Bundestag in der nächsten Woche das Mandat für die Operation „Enduring Freedom“ mit überwältigender Mehrheit verlängern – möglicherweise sogar mit den Stimmen ehemaliger Gegner der Militäreinsätze. Schließlich geht es nicht um die Sache selbst, sondern um eine Grußadresse nach Washington. Und für die Regierungskoalition außerdem um den Nachweis einer eigenen Mehrheit. Dafür wird offenbar sogar der mögliche Tod von Unbeteiligten in Kauf genommen. Es ist erbärmlich. BETTINA GAUS