Weiter Kritik an US-Resolution

Der neue Entwurf Washingtons zum Irak stößt im UN-Sicherheitsrat noch auf Vorbehalte Frankreichs und Russlands. Ein Dissens ist, wer über Verstöße bei den Waffeninspektionen berichten kann. Die USA wollen heute über den Text abstimmen

NEW YORK/BERLIN rtr/taz ■ Nach der Vorlage eines neuen Entwurfs der USA für eine UNO-Resolution zur Abrüstung Iraks haben Frankreich, Russland und China am Mittwoch Diplomaten zufolge ihre Vorbehalte erneuert.

Die drei genannten Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats befürchteten, dass die USA auch durch den neuen Entwurf die Möglichkeit behielten, selbst einen Verstoß gegen die UNO-Resolution festzustellen und damit einen Angriff auf Irak zu begründen, sagten Diplomaten, die an einer nicht öffentlichen Sitzung des Rates teilgenommen hatten. Die USA wollen, dass das Gremium heute über den nun zum zweiten Mal veränderten Entwurf abstimmt.

Ob es bei diesem Termin bleibt, ist jedoch nicht sicher. Der französische Außenminister Dominique de Villepin verbreitete zwar Optimismus hinsichtlich einer schnellen Einigung, fügte jedoch hinzu, über die Resolution könne wohl Ende dieser oder Anfang kommender Woche abgestimmt werden. Skeptisch gab sich auch der britische Premierminister Tony Blair, der die harte Haltung der USA gegenüber dem Irak unterstützt. Er rechne nicht mehr mit einer Einigung in dieser Woche, wie sein Sprecher gestern erklärte. Blair habe eingeräumt, „dass wir noch nicht so weit sind“. Es sei unklar, ob dies „heute, morgen oder am Montag“ der Fall sein werde.

Der am Mittwoch vorgelegte Wortlaut trägt bisherigen Einwänden Frankreichs und Russlands Rechnung und räumt den UNO-Waffeninspektoren bei der Feststellung des möglichen irakischen Bestands an Massenvernichtungswaffen eine zentrale Rolle ein. Er lasse den USA jedoch noch immer die Möglichkeit, die Forderung zu umgehen, dass Verstöße gegen die Resolution ausschließlich von den Inspektoren festgestellt werden dürften, sagten die Diplomaten.

Der neue Entwurf sieht vor, dass Berichte über schwer wiegende Verstöße umgehend vom UNO-Sicherheitsrat geprüft werden – damit kommt er französischen Forderungen entgegen. Der Rat soll dann den Einsatz von Gewalt befürworten können. Tut er es nicht, sollen die USA den Irak angreifen dürfen. Diesen Weg haben die meisten Länder inzwischen trotz anfänglicher Forderungen nach einer zweiten Resolution vor dem Einsatz von Gewalt akzeptiert.

Diplomaten gingen bisher jedoch davon aus, dass Berichte über Verstöße, die mit einem Angriff geahndet werden, ausschließlich vom Chef der UNO-Waffeninspektoren, Hans Blix, vorgelegt werden können. Dies kann Monate dauern, falls die Inspektoren überhaupt solche Verstöße feststellen. Der neue Entwurf lässt nun jedoch die Frage der Autorenschaft entsprechender Berichte offen und macht es damit möglich, dass die USA selbst Verstöße berichten könnten. US-Vertreter reagierten zunächst nicht auf die neuen Einwände.

Der französische Präsident Jacques Chirac und sein russischer Kollege Wladimir Putin stimmten sich gestern über den neuen Entwurf ab und kritisierten, es seien noch immer doppeldeutige Formulierungen zu einem Militäreinsatz gegen Irak enthalten. Beide seien sich einig, dass die zentrale Rolle der UNO bekräftigt und damit ein Fortschritt erzielt worden sei, sagte eine Sprecherin Chiracs in Paris. „Allerdings müssen bestimmte Doppeldeutigkeiten geklärt werden.“ Chirac plädiere für einen Text, der kein Risiko eines Automatismusses für den Einsatz militärischer Mittel berge.

Der Sicherheitsrat bemüht sich seit Wochen um eine neue Irakresolution. Die USA und Großbritannien werfen Irak vor, atomare, biologische und chemische Waffen zu besitzen oder sich aneignen zu wollen. Die ersten beiden US-Entwürfe für eine Resolution waren bei Frankreich, Russland und China auf Widerspruch gestoßen. Um die Resolution anzunehmen, müssen neun der fünfzehn Mitglieder des Sicherheitsrats ihr zustimmen und keines der fünf ständigen Mitglieder darf ein Veto einlegen. Im Vorfeld der Sitzung am Mittwoch übten die USA einen zum Teil erheblichen Druck auf nicht ständige Mitglieder wie Mexiko oder Mauritius aus.

Einem Bericht des britischen Rundfunksenders BBC zufolge wird erwartet, dass Chefinspektor Blix in knapp zwei Wochen in den Irak reisen und dort sofort mit einer ersten Inspektion beginnen wird. Das könnte eine Art Test für das Verhalten Saddam Husseins nach der Verabschiedung der Resolution sein.

B.S.