berliner szenen Fragen stellen

Stellen nennen

Es gibt Stellen und es gibt Fragen. Es gibt fragwürdige Stellen, aber es gibt auch Stellen, an denen man Fragen stellen kann. So zum Beispiel eine Stelle irgendwo in der Senatsverwaltung für Inneres, an der man sich erkundigen kann, warum Straßen so heißen, wie sie eben heißen, und was wichtiger ist: wie man sie ausspricht. Um ein für alle Mal klarzustellen: Nein, es heißt nicht Straße der Pariser Kommün. Und der Platz, der dem Pariser gegenüberliegt, ist der Platz des 18. März. Das stellt gewisse Anforderungen an den Verkehrsfunker. Man stelle sich vor: Die Straße des 17. Juni ist zwischen dem 18. März und dem 17. Juni zwischen dem Platz des 18. März und der ehemaligen Entlastungsstraße wegen einer Veranstaltung in beiden Richtungen gesperrt.

Straßen und Plätze werden vielfach nach Stellen benannt: „Hinter den Schlehenhecken“. Häufiger handelt es sich bei diesen Stellen nicht um Hecken, sondern um Städte. Man denke zum Beispiel an den Rüdesheimer Platz. Aber ich frage mich, warum man Straßen und Plätze nicht auch nach anderen Straßen und anderen Plätzen benennt. Ich wäre die erste, die an den Rüdesheimerplatz-Platz zieht oder in den Kottbusserdamm-Damm. Das ist doch allemal besser, als mit der Nennung der Adresse immer wieder bekannt geben zu müssen, dass man in einem Viertel wohnt, für das die dünne Fantasie ausgepowerter Stadtplaner nur noch Buchstaben übrig hatte: Straße Q.

Als ich der oben genannten Stelle diese Fragen stellen wollte, musste ich allerdings feststellen, dass ich die Telefonnummer an irgendeiner fragwürdigen Stelle verlegt habe, die ich im folgenden nur noch „Die-Stelle-an-der die-Telefonnummern-sind-die-ich-nicht-mehr-finde-Stelle“ nennen werde. MONIKA RINCK