AM GRÜNEN FEHLSTART IM PARLAMENT IST EINE FEHLKONSTRUKTION SCHULD
: Die multiple Doppelspitze

Das fängt ja gut an! Die rot-grüne Regierung ist nach kürzester Zeit in ein kleines Erdbeben geraten. Alles rutscht und wackelt. Keine politische Position, die die Zeit von zwei, drei Tagen überdauerte. Selbst ihren Grundsatz „Alles runter“ bei Rente, Steuern und Schulden haben die Regierer über den Haufen geworfen.

Das rüttelt sich zurecht, ließe sich einwenden. Besonders auf der grünen Seite des Kabinetts gibt es jedoch wenig Anlass, auf Besserung zu hoffen. Die WählerInnen haben die Grünen stärker gemacht – und damit Rot-Grün ihre Mehrheit verschafft. Im Epizentrum des Bebens steht aber nun dummerweise die grüne Fraktionsführung, die diese Kräfteverschiebung organisieren soll.

Katrin Göring-Eckardt und Krista Sager haben gleich am Anfang auf den Feldern gepatzt, in denen sie ihre Kompetenz sahen – der Rente und der Taktik. Göring-Eckardt, die eine fundierte Position nur in der Altersvorsorge vertreten kann, muss sich nun als Rentenlügnerin bezeichnen lassen. Die Beiträge steigen – trotz Göring-Eckardt’scher Festlegungen und grüner Öko-Steuer. Ihre Chef-Kollegin Krista Sager steht nicht viel besser da. Sie wollte, als große Strategin und Traumpartnerin Göring-Eckardts, einen neuen femininen Politikstil einführen. Der besteht nun darin, dass Sager aufmuckt, wo es nichts zu holen gibt – beim Kanzler; und dass sie die Fraktionspeitsche dort schwingt, wo Rückendeckung opportun wäre – bei den jungen, grünen Abgeordneten, die von Rententricks die Nase voll haben.

Mag sein, dass Stolperer am Anfang unvermeidlich sind. Doch für die Patzer in der Fraktion gibt es eine Ursache – die multiple Spitze. Die Grünen haben nämlich nicht zwei FraktionschefInnen, sondern vier plus zwei: Formell führen Göring-Eckardt und Sager die Fraktion. Nicht nur die Parlamentstribüne sieht aber in den Parteivorsitzenden Roth und Kuhn das wahre Führungsduett.

Hinzu kommen, so unautorisiert wie (öffentlichkeits-)wirksam, die Organisatoren von Sperrminoritäten, Ströbele und Schulz. Es stimmt, die Grünen sind nach den Wahlen stärker geworden. Stark aber sind sie erst, wenn klar ist, wer zur Doppelspitze wirklich gehört. CHRISTIAN FÜLLER