Jordaniens kleiner Irakkrieg

Tote und Verletzte bei Polizeiaktion in islamistischer Hochburg Maan. Jordaniens Islamisten agitieren gegen die Unterstützung ihres Landes für den Irakkurs der USA

KAIRO taz ■ Es könnte ein Vorgeschmack sein für das, was Jordanien im Falle eines Irakkrieges blüht. Mindestens vier Menschen starben bisher bei einem Aufstand, der vor drei Tagen in der südjordanischen Stadt Maan ausbrach. Dort herrscht Ausnahmezustand. Sicherheitskräfte haben die Stadt umstellt, die Telefonleitungen gekappt, die Schulen geschlossen und durchsuchen Häuser. Nachts steht die 40.000 Einwohner zählende Stadt unter Ausgangssperre.

Offiziell geht es darum, einen Beduinen-Schmugglerring auszuheben. Doch Maan ist auch eine Hochburg radikaler Islamisten. Die Behörden vermuten dort den Mörder des US-Diplomaten Lawrence Foley, der vor zwei Wochen in der Hauptstadt Amman erschossen worden war.

Inoffiziell, heißt es, gehe es bei der Operation auch darum, Leute auszuschalten, die einen möglichen Aufstand im Falle eines Irakkrieges anführen könnten. „Die Operation dient dazu, jene Unruhestifter hinter Gitter zu bringen, die im Falle eines US-geführten Krieges gegen den Irak Sabotageakte durchführen würden“, erklärt ein nicht namentlich bezeichneter Regierungsbeamter und bezeichnet das Ganze als „vorausblickende Vorsichtsmaßnahme“.

Maan, 320 Kilometer von Amman entfernt gelegen, geriet schon vor drei Jahren in die Schlagzeilen, als dort ein Aufstand losbrach, nachdem die Brotpreise erhöht wurden. Immer wieder brachen dort auch gewalttätige Demonstrationen zur Unterstützung des Irak aus. Arbeitslosigkeit und Armut sind weit verbreitet. Die meisten der lokalen Beduinenstämme haben familiäre Wurzeln in Saudi-Arabien; Ussama Bin Laden und al-Qaida genießen dort Sympathie. Drogenhandel und Waffenschmuggel haben sich zusammen mit politischer Opposition und lokalem Isolationismus zu einer für die Regierung gefährlichen Mischung vereinigt.

Wurzeln in Saudi-Arabien

Letzten Monat wagten sich die Sicherheitskräfte dann doch einmal in die Höhle des Löwen, nachdem der auch als „Abu Sayyaf“ bekannte Muhammad Schalabi, eine lokale Größe unter den militanten Islamisten, außerhalb der Stadt bei einem Schusswechsel mit der Polizei verletzt worden war und sich in ein Krankenhaus geflüchtet hatte. Die anrückende Polizei wurde dort mit Kugeln empfangen, Schalabi von seinen Leuten in Sicherheit gebracht. Auch dieses Mal schlug den anrückenden Spezialtruppen heftiger Widerstand entgegen. Drei einheimische Bewaffnete und ein Polizist wurden getötet. Es gab zahlreiche Verletzte. Mindestens 30 „Gesuchte“ wurden nach Polizeiangaben festgenommen. „Abu Sayyaf“ und drei seiner Gefährten gelten weiterhin als flüchtig.

Unterdessen hat die „Islamische Aktionsfront“, die größte Oppositionsgruppe im Land, die Regierung vor einer „weiteren Eskalation“ gewarnt. Erst vor wenigen Tagen drohte der führende Islamist Scheich Hamsa Mansour, dass „die USA einen hohen Preis bezahlen werden, sollten sie mit ihrer Politik in der Region fortfahren“. Letzten Sonntag trafen sich in Amman, organisiert von der Islamischen Aktionsfront, 150 islamische Rechtsgelehrte und verkündeten, es sei verboten, Amerikanern auf irgendeine Weise zu helfen – sei es, ihnen den Weg zu zeigen oder ihre Autos und Flugzeuge aufzutanken. Ganz entgegen der Beduinentradition sollen den „Aggressoren“ selbst Brot und Wasser vorenthalten werden. Doch die US-Truppen, die derzeit an der irakischen Grenze zusammen mit der jordanischen Armee die Invasion des Irak üben, sind autark. Sie haben ihre eigenen Essens- und Trinkrationen eingeflogen. KARIM EL-GAWHARY