Graww in de Dannen

Krimi op Platt – eine neue Hörspielserie soll die Vielfarbigkeit der niederdeutschen Sprachen hörbar machen. Das beste daran: Man kann es wunderbar verstehen

Norddeutschlands Hörspielwelt hat einen neuen Helden: Lüder Andersen, Kunstfotograf. Er streift durch Platt-geprägte Landschaften und wird hier in einen Mord, dort in einen Provinzskandal verwickelt. Per Handy des öfteren zugeschaltet: Andersens hartnäckige Ex-Gattin.

Hintergrund von Andersens Umtriebigkeit ist phonetisches Vergnügen. Indem der Protagonist verschiedene Regionen des Plattdeutschen durchwandert, soll dessen „Vielfarbigkeit“ hörbar werden. „Die Bildhaftigkeit und Leuchtkraft des Plattdeutschen droht in Vergessenheit zu geraten“, sagt Hans Helge Ott, bei Radio Bremen für das niederdeutsche Hörspiel zuständig.

Also lässt er Andersen von Vorpommern bis Sylt reisen, wo er eine „Sölring“ sprechende Witwe vor tückischen Erbschleichern bewahrt. „Unsere normalen niederdeutschen Hörspiele arbeiten der Einfachheit halber mit einer Art Norm-Platt“, erklärt Ott. Seine Serie „SchnappSchuss. De Krimi op Platt“, geschrieben mit jeweils lokalen Ko-Autoren, soll dagegen farbige Akzente setzen – und dafür hat Ott alle Möglichkeiten. Denn schon seit 1960 produziert Radio Bremen (mit der damals sehr gut besetzen „Heimatfunk“-Abteilung) die niederdeutschen Hörspiele für das gesamte NDR-Verbreitungsgebiet – insgesamt also für fünf Bundesländer.

Mit „Graww in de Dannen“ startet morgen (19.05 Uhr, Nordwestradio: UKW 88.3/95.5) die erste Folge. „Platt ist eine sehr einfache Fremdsprache“, verspricht Ott. Und tatsächlich, der Selbstversuch bestätigt: Eine Bremerhavener Großmutter in den Genen genügt, um Andersens Abenteuer auf dem Darß detailliert folgen zu können – zumal manche Pointe („Halali du Halodri“) sozusagen universal ist.

Da stören einen schon fast die betont hochdeutsch eingeworfenen Vokabeln wie „intimes Verhältnis“ und „Renaturierungsgebiet“ – im Charme der Szenerie und im Glück des Verstehens.

Henning Bleyl