Gegenwehr wider Erwarten

Städtisches Geld könnte nicht schaden: Das von Kürzungen bedrohte Frauenmusikzentrum gibt sich nicht geschlagen und veröffentlicht eine Studie zum Frauenanteil an der Hamburger Musikkultur

von CHRISTIANE MÜLLER-LOBECK

Noch ist nichts entschieden. In den für den 9. bis 11. Dezember angesetzten Haushaltsverhandlungen der Bürgerschaft stehen auch die von der Kulturbehörde für 2003 vorgesehenen Einsparungen im Frauenkulturetat noch zur Diskussion. Am 30. August hatte Kultursenatorin Dana Horáková ihre Kürzungsabsichten bekannt gegeben und argumentiert: „Insbesondere im Bereich Musik hat sich die Situation erheblich geändert: Während es noch vor zehn Jahren einem kleinen Wunder gleichkam, eine Schlagzeugerin oder Gitarristin zu erleben, so haben sich heute viele Frauen die einst als ‚männlich‘ apostrophierten Instrumente erobert.“

Eine jetzt veröffentlichte Studie des Frauenmusikzentrums (fm:z), das von den Plänen der Kulturbehörde in seiner Existenz bedroht wird, straft diese Behauptung Lügen. Über den Zeitraum von einem Monat hat sich eine Projektgruppe die Programme von Hamburger Clubs angesehen und nach Musikerinnen gesucht. Das Ergebnis übertrifft noch die schlimmsten Erwartungen: Der Anteil von Frauen an den Bands, die von Birdland, Consortium, Cotton Club, Fabrik, Große Freiheit, dem Landhaus Walter, Logo und Markthalle für die Zeit zwischen Mitte September und Mitte Oktober dieses Jahres gebucht worden waren, beträgt im Schnitt lediglich fünf Prozent. Fast die Hälfte dieser Frauen waren noch dazu Sängerinnen, am Bass betätigten sich nur 2,6 Prozent von ihnen, an der Gitarre satte 5,1 Prozent.

Für den Bereich klassische Musik fielen die Zahlen schon etwas besser aus. NDR-Sinfonieorchester und Philharmonisches Staatsorchester kommen immerhin auf einen Frauenanteil von 25 Prozent. Die Funktionsaufteilung der Studie zeigt jedoch, dass Schlagwerk und Blechbläser immer noch als unumstrittene Männerdomäne gelten können.

„Ohne uns“, so fm:z-Pressesprecherin Steph Klinkenborg, „sähe das alles sogar noch schlechter aus.“ Seit 15 Jahren stellt das Zentrum Instrumente und Übungsräume für interessierte Frauen zur Verfügung, bietet die Infrastruktur für ein Networking von Musikerinnen und wirkt erfolgreich auf Clubbesitzer ein, mehr Frauenbands oder Bands mit Frauen auf ihre Bühnen zu holen. Die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion am vergangenen Dienstag im fm:z zeigten sich nach Vorstellung der Studie irritiert, dass angesichts solcher Zahlen die städtischen Zuschüsse für Frauenkultur gestrichen werden sollen. Die Bürgerschaftsmitglieder Caren Koop (CDU), Dr. Willfried Maier (GAL) und Holger Christier (SPD) beteuerten, das ihnen mögliche zu tun, den Radikalschnitt zu verhindern.

Zur Erhaltung von Institutionen, die seit Jahren Ernst machen mit dem, was inzwischen als Gendermainstreaming auch von der Europäischen Kommission zur Richtlinie geadelt wurde, bräuchte es gar nicht mal so viel Geld. Der zur Disposition stehende Topf für Frauenkultur machte in den letzten Jahren lediglich ein Promille des gesamten Kulturhaushalts aus.

Im Dunklen liegt auch, auf welche Erkenntnisse sich die Kulturbehörde stützt, wenn sie behauptet, dass „die Partizipation von Frauen am Kulturleben sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert“ hat. Eine entsprechende Kleine Anfrage der GAL-Bürgerschaftsfraktion vom 8. November blieb bis dato unbeantwortet. Ohnehin deuten die wackligen Argumente nur auf eins: Gekürzt wird schlicht dort, wo die geringste Gegenwehr vermutet wird – eine Einschätzung, wie auch Kollegen von Horáková aus anderen Ressorts bereits erfahren mussten, die sich nicht immer als richtig erweist.