Frustriertes Begehren

„Das Privatleben der Spieler von Werder Bremen“ ist eine Ausstellung, die für Werder gar nichts, für Liebesromane nur formal etwas übrig hat. Immerhin: Die Theorie der Praxis wird wieder Praxis

Was es letztlich zu sehen gibt, ist so sinnlich wie eine CD-Rom

Theoretiker haben’s schwer, vor allem, wenn sie mit der Theorie auf die Praxis losgehen. „Das Privatleben der Spieler von Werder Bremen“ hat Roger M. Buergel seine Ausstellung genannt, allerdings nur, um zu demonstrieren, dass sich mit reißerischen Titeln beim potentiellen Besucher einiges reißen lässt. Buergels Ausstellung im Künstlerhaus Am Deich widmet sich weder Werder Bremen noch der Kunst, ihr geht es einzig und allein um die Theorie des Ausstellens, um die „Implikationen der Sprache des Visuellen“ (Buergel).

Das ist natürlich bitter für alle, die’s gern konkret haben. Wie Kollege X. Der hörte sich bei der Vorbesichtigung geduldig Buergels Vortrag an, ehe er sagte: „Nur zum Verständnis: Könnte die Ausstellung dann auch ‚Leck-mich-am-Arsch-Ausstellung‘ heißen?“ „Nein“, meinte der Kurator und Uni-Dozent Buergel. Nie würde er versuchen, sein Publikum auf vulgäre Art und Weise „zu adressieren“. Buergel versucht, „freundlich zu sein“.

Das glaubt man ihm gerne. Denn Buergel möchte „Beziehungen in den Raum stellen, ohne sie zu fixieren“. Er möchte spielen mit der „Promiskuität von formalen Korrespondenzen“. Vor allem aber möchte er auf der Metaebene bleiben: Es soll eine Ausstellung sein über die Methode des Ausstellens. Die Theorie der Praxis soll wieder Praxis werden. Oder so.

Was es letztlich zu sehen gibt, ist so verbindlich wie ein Postmoderne-Seminar und so sinnlich wie eine CD-Rom. Fotos hängen da an der Wand, wer sie gemacht hat, tut nichts zur Sache: Metaebene! Foto eins zeigt ein Treppenhaus, Foto zwei zeigt das gleiche Treppenhaus aus verschobener Perspektive. Buergels Gedanke dazu: „Die Betrachter einer Ausstellung kommen von einem Bild zum anderen, indem sie Ähnlichkeiten entdecken.“

Oder die Sache mit der Form: Ein Foto zeigt ein sauber geordnetes Verkaufsregal mit Liebesroman-Heftchen, ein Foto daneben zeigt die ebenso streng geordnete Fassade eines Plattenbaus. Die Formen sind sich ähnlich. Buergel: „Es gibt eine Analogie zwischen dem frustrierten Begehren, das in den Liebesromanen gespeichert ist, und der Plattenbau-Architektur.“

Die Fotowände hat Buergel mit kleinen Texttafeln versehen, die einerseits – Metaebene!– mit dem „Erklärungsbedürfnis bei Kunstausstellungen“ spielen, andererseits tatsächlich ein Versuch sind, etwas zu erklären. Denn dass der Ritt durch die Diskurse nicht jedermanns Sache ist, das stellte Buergel schon bei seiner Ausstellung „Gouvernementalität“ zur EXPO 2000 fest: Seinerzeit war er ständig anwesend, um den Besuchern seine Ausstellung zu erklären. Ob er das im Künstlerhaus wieder machen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht könnte man ihn mit einem Ausstellungsbesuch der Spieler von Werder Bremen ködern. Klaus Irler

bis zum 15. Dezember. Öffnungszeiten: Mi - Fr 15-18 Uhr, So 12-15 Uhr