Ab Januar Leiharbeit für alle

Gesetze zum Hartz-Konzept passieren mit knapper Koalitionsmehrheit den Bundestag

BERLIN taz ■ Der Weg in die Arbeitswelt nach Dr. Hartz ist teilweise frei: Gestern verabschiedete der Bundestag neben vielem anderen auch die Gesetzespakete zur Reform des Arbeitsmaktes, salopp Hartz I und Hartz II genannt. Hartz II ist im unionsdominierten Bundesrat zustimmungspflichtig und sieht deshalb einem äußerst ungewissen Schicksal entgegen.

Endgültig verabschiedet wurden mit Hartz I die Regelungen zur Leiharbeit für Arbeitslose, den so genannten Personal Service Agenturen (PSA) und die Umstrukturierung der Bundesanstalt für Arbeit, die Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien und die langfristige Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im so genannten Arbeitslosengeld II. Im zweiten Paket geht es um die Subvention von Ich-AGs und die 500-Euro-Minijobs für „haushaltsnahe“ Dienstleistungen, die Job-Center der Arbeitsämter, die Regelungen für ältere Arbeitnehmer und die Qualifizierung Arbeitsloser.

Ein handfester Krach um die Leiharbeit verdeckte gestern bei der Debatte im Bundestag die Kritik einzelner Abgeordneter der SPD an der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe und der vorherigen Absenkung der Arbeitslosenhilfe. Mit einigem Recht warf die Union der Koalition das chaotische Vorgehen im Bereich Leiharbeit vor. So hatte Wirtschaftsminister Clement noch am Dienstag freudestrahlend verkündet, man würde den Leiharbeitern nur den Grundlohn der entleihenden Betriebe zahlen. Damit sollten die Leiharbeitsfirmen beruhigt werden, die meinten, ihre Leiharbeiter nur bei untertariflicher Bezahlung unterbringen zu können. Im Gesetzentwurf dagegen fand sich gestern bei der Abstimmung die Formulierung, dass „wesentliche Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts“ zu übernehmen seien. Darin eingeschlossen sind nach Auskunft von Fachleuten der Grundlohn und die Zulagen des Entleihbetriebs. „Clement hat einfach gelogen“, so der trockene Kommentar des CDU-Arbeitsmarktexperten Karl-Josef Laumann gegenüber der taz.

Die Union kritisierte erneut die Tarifbindung der Leiharbeit. Sie bedeute „das faktische Ende der jetzigen Leiharbeit“, sagte die CSU-Arbeitsmarktpolitikerin Dagmar Wöhrl. Der Wirtschaftsminister konterte, die Union trage neuerdings diese Branche „wie eine Monstranz vor sich her“, dabei arbeiteten Menschen dort unter Bedingungen, „denen sie nicht ins Gesicht gucken wollen“. Die Tarifierung gehöre seit Ludwig Erhard zur sozialen Marktwirtschaft, so Clement. Im Gesetz sei vorgesehen, dass die Tarifparteien „unterschiedliche Tarife und Sonderregelungen für alle Gruppen“ vereinbaren könnten. HEIDE OESTREICH