Neues Pflaster per Mausklick

Oldenburg will trotz leerer Kassen die Fußgängerzone neu pflastern. Bezahlen sollen die Anlieger und Kaufleute. Zwei Probepflasterungen und eine Abstimmung im Internet sollen entscheiden helfen

Der Pressesprecher stapelt tief: „Das Abstimmungsergebnis ist nicht bindend.“

Neue Wege in der Stadtentwicklung geht die Stadt Oldenburg: Über den neuen Straßenbelag in der Fußgängerzone dürfen die BürgerInnen jetzt per Mausklick abstimmen. Um die Entscheidung zu erleichtern, hat die Stadt zwei schmale Bereiche mit Granitsteinen unterschiedlicher Größe und Farbe „probegepflastert“. Wer dort nicht vorbeikommt, kann sich die Steine auf der stadteigenen Homepage anschauen – und dort gleich sein Votum abgeben.

Anlass für diese Aktion ist nicht etwa eine neue Demokratisierungswelle in Oldenburg. Vielmehr soll Anliegern und Kaufleuten der ältesten Innenstadt Deutschlands die neue Gestaltung schmackhaft gemacht werden, denn irgendwer muss schließlich zahlen – und Oldenburg ist pleite. Private sollen nun die Finanzierung sichern – „auf freiwilliger Basis“, betont der städtische Pressesprecher Jürgen Krogmann. „Die Aktion läuft gut an“, verweist er zugleich auf über hundert per Internet abgegebene Stimmen allein in der ersten Woche. Oldenburg hat rund 150.000 EinwohnerInnen. „Besonders über die Kommentare und Verbesserungsvorschläge der BürgerInnen sind wir glücklich“, sagt Krogmann. Doch daran könnte das Projekt auch scheitern. Schon klagen RollstuhlfahrerInnen und Sehbehinderte über rückenschädigende Unebenheiten und Tastschwierigkeiten mit dem Blindenstock. Derweil werfen andere die Frage auf, ob eine Pflasterung überhaupt notwendig sei.

Die Oldenburger Nord-West-Zeitung führt auf ihrer Homepage eine ähnliche Abstimmung durch. Allerdings kann man da, anders als unter der städtischen Adresse www.oldenburg.de, auch für das bestehende Pflaster votieren – und genau diese Variante liegt mit über 50 Prozent der abgegebenen Stimmen deutlich vorne. „Gründlich sauber machen und begradigen“, plädiert auch der Kaufmann Minke Fleßner für die alten Waschbetonsteine. „Die Kassen sind schließlich leer. Das ist bei der Stadt nicht anders als bei uns.“

Um die Stimmung der Kaufleute genau zu sondieren, hat Oberbürgermeister Dietmar Schütz (SPD) jetzt ein halbes Dutzend „Botschafter“ auf die Reise geschickt, um die Kaufleute zu befragen. „Die Stimmung ist geteilt“, sagt Krogmann, „aber viele wollen in eine neue attraktivere Innenstadt etwas investieren.“

Das tun die Oldenburger Kaufleute schon länger. Alljährlich beispielsweise bezahlen sie die Weihnachtsbeleuchtung in der City – nicht alle Händler allerdings beteiligen sich. Konsequenterweise bleibt es vor den Türen der Sparsamen dann dunkel. Ob also Einigkeit über den Straßenbelag entsteht, dürfte spannend werden. „Es wäre schon gut, die City ein bisschen auf alt zu trimmen“, kritisiert ein Anlieger den bisher „kalten Charme der sechziger Jahre.“ Die beiden Naturstein-Varianten gefielen ihm gut, nur zahlen könne er leider nichts. Die Stadt schätzt die Kosten vorläufig auf circa 60 Euro pro Quadratmeter Stein.

Bis Ende des Jahres soll die Abstimmung laufen. Dann wollen Verwaltung, Politik und Eigentümer noch einmal beraten. Denn die Abstimmung, so der Pressesprecher, solle nur das Stimmungsbarometer abbilden. „Bindend ist sie nicht.“ or