Furcht vor al-Qaida wächst

Innenpolitiker sehen auch Deutschland im Visier der Bin-Laden-Truppe. BND warnt vor Angriffen auf „weiche Ziele“. Bund bunkert Pockenimpfstoff. Konferenz deutscher Botschafter abgesagt

FRANKFURT/LONDON ap/afp/taz ■ Obwohl es keinerlei Hinweise auf konkrete Anschlagspläne gibt, warnten Politiker am Wochenende vor Terroraktionen des Netzwerks al-Qaida in Deutschland. Bayerns Innenminister Günther Beckstein sagte, die jüngste Terrordrohung Ussama Bin Ladens, in der der Islamistenführer auch Deutschland erwähne, sei „sehr ernst“ zu nehmen. In einem Zeitungsinterview meinte der CSU-Politiker, es gebe viele vermutete Ziele, darunter US-Einrichtungen und Orte, wo sich viele Menschen aufhalten. Man müsse sich klar machen, „dass wir nicht mehr auf einer Insel der Seligen leben“. Der hessische Innenminister Volker Bouffier nannte die Gefahr von Anschlägen in Frankfurt „durchaus real“. Die jüngsten Drohungen passten zu den Warnungen amerikanischer und französischer Geheimdienste. Nach Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes hat das Terrornetz al-Qaida derzeit vor allem ungeschützte Ziele im Visier. Wie zuletzt bei dem Anschlag auf eine Diskothek auf Bali sei „eine Tendenz hin zu soft targets zu erkennen“, sagte der BND-Referatsleiter für Terrorismus, Michael Hildebrandt, in Tutzing.

Das Bundesgesundheitsministerium bestätigte gestern, dass der Bund bereits 35 Millionen Impfstoffeinheiten gegen Pockenviren beschafft hat und den Vorrat auf 80 Millionen aufstocken will, um im Falle eines biologischen Angriffs gewappnet zu sein. Das Auswärtige Amt hat eine für diese Woche geplante Konferenz der deutschen Botschafter in Ostafrika abgesagt. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, dies sei aus „terminlichen, aber auch aus Sicherheitserwägungen“ geschehen.

Regierungskreise in Washington bestätigten am Wochenende die Festnahme eines Mannes, der als „ranghohes Mitglied“ von al-Qaida bezeichnet wurde. Er werde außerhalb der USA festgehalten und verhört. In London hat die britische Polizei mit der Festnahme von drei Personen angeblich einen Terroranschlag verhindert. Die arbeitslosen Männer aus Nordafrika hätten Material zur Vorbereitung „terroristischer Akte“ besessen, ein Giftgasanschlag auf die Londoner U-Bahn sei aber nicht geplant gewesen. In Indonesien hat die dortige Polizei die Namen und Fahndungsfotos von sechs Verdächtigen veröffentlicht, die an dem Anschlag auf der Insel Bali beteiligt gewesen sein sollen. GB

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