Böser Kurier

Der Weser Kurier bekommt die Zeitungskrise zu spüren und verkündet Sparmaßnahmen

Die Bremer Tageszeitungen AG (BreTag) galt als mustergültige Arbeitgeberin: Tariftreu, zahlreiche Sonderleistungen. Bis zur vorletzten Woche. Da verkündete Verleger Herbert C. Ordemann seinen MitarbeiterInnen die Kündigung sämtlicher geldwerter Betriebsvereinbarungen.

Redakteure von Weser Kurier, Bremer Nachrichten und der Verdener Zeitung sollen künftig auf den Samstagszuschlag von 75 Euro netto verzichten. Für alle Beschäftigten fällt die Weihnachtsgratifikation von 450 Euro weg. Mit dieser Zahlung über die tariflich vereinbarten 13,95 Monatsgehälter hinaus beteiligte der Verlag die Belegschaft an den Gewinnen – doch die fetten Jahre sind vorbei: Die Anzeigenumsätze sind heftig eingebrochen. Die Auflage ist stärker rückläufig als bei vergleichbaren Regionalzeitungen. In den vergangenen beiden Jahren sackte die verkaufte Auflage von Weser Kurier und Bremer Nachrichten um zusammen 11.449 Exemplare oder knapp sechs Prozent ab – Tendenz: steiler.

Nun sollen nicht nur finanzielle Sonderleistungen wegfallen: Für Drucker im Schichtdienst könnten bis zu 20 freie Tage im Jahr gestrichen werden. Die Fotografen, allesamt freie Mitarbeiter, müssen um ihre Aufträge fürchten – der Verlag will die schreibenden Redakteure mit Digitalkameras losschicken. „Für viele Bildjournalisten ist das eine Katastrophe“, sagt Wolfgang Kiesel, Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes in Bremen. Sie hätten gerade erst in teure Digitaltechnik investiert, die Honorare seien über Jahrzehnte kaum gestiegen.

In einem Brief an Herausgeber Ordemann fordert Kiesel den Erhalt der journalistischen Qualität. Ordemann solle sich gegen weit tiefer gehende Einschnitte stark machen, die der Verlegerverband (BDZV) in den laufenden Tarifverhandlungen anstrebt: Weihnachts- und Urlaubsgeld sollen komplett wegfallen, der Gehaltszuwachs nach der sogenannten Berufsjahrstaffel verlangsamt werden.

Gegen diese Pläne streikten gestern Hunderte von RedakteurInnen in ganz Niedersachsen, gemeinsam mit KollegInnen in anderen Ländern. Sollte in den Verhandlungen kein Durchbruch erreicht werden, könnte auch Bremen wieder bestreikt werden. jank