Die immer fröhlichen Wellen

MedienexpertInnen sehen im gleichförmigen Hamburger Radiomarkt gute Perspektiven für den Offenen Kanal. MigrantInnen haben nur hier die Chance, ihren Alltag wieder zu finden

von PETER AHRENS

Die Hits der 80er und 90er und das Beste von heute – ist das der Slogan von Radio Antenne? Von FFN? Radio Hamburg? NDR2? Alsterradio? Von all den genannten? Man weiß es nicht. Als die Kölner Medienberaterin Amina Krüger im Vorjahr für längere Zeit in Hamburg gearbeitet hat, war sie „geschockt über die Qualität des Radiobereichs“. Verwechselbarkeit, Anspruchslosigkeit, der totale Mainstream – so analysierten die ExpertInnen der Hamburger Mediendebatte den Radiomarkt der Hansestadt. Für Nischen wie den Offenen Kanal oder das Freie Sender-Kombinat FSK eine echte Chance, sich aus dem Wust des immer Gleichen hervorzutun – darin waren sich die Fachleute auf dem Forum der Hamburgischen Anstalt für Neue Medien HAM einig.

„Der Offene Kanal ist zweifellos ein Zugewinn an Vielfalt“, ist Uwe Hasenbrink, Direktor des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung der Hamburger Universität, überzeugt: Hier gebe es das zu sehen, was anderswo keine Chance mehr auf einen Programmplatz hat.

Beispiel Migration: In Ballungsräumen wie Hamburg ist mittlerweile die Hälfte der 14- bis 25-Jährigen nichtdeutscher Herkunft, macht Krüger deutlich. Doch in den öffentlich-rechtlichen und privaten Radio- und Fernsehsendern finde dies keinen Niederschlag: „Die Mainstream-Medien stellen sich dieser Verantwortung in keiner Weise“, sagt Krüger. Integrativ zu wirken, Brücken zwischen den Kulturen zu schlagen, das sei in der gegenwärtigen Medienlandschaft beinahe Privileg der Offenen Kanäle, in denen MigrantInnen selbst Radio- und TV-Sendungen produzieren.

Was nicht mehr so einfach ist wie noch vor Jahren. Speziell seit dem 11. September sehen sich die nichtdeutschen Programm-MacherInnen unter zunehmendem Druck, ihre Sendungen nicht mehr ausschließlich in der Muttersprache auszustrahlen – ein Vorwurf, der auf dem Medienforum mehrfach erhoben wurde: „Als ob Al-Quaida nun den Offenen Kanal nutze, um Anschläge bekannt zu geben“, wie der SFB-Radiojournalist Axel Svehla formulierte. Ein Vorwurf, den HAM-Direktor Lothar Jene jedoch zurückweist: „Wir wollen niemandem die eigene Sprache nehmen, werben aber für Zweisprachigkeit der Sendungen, um schlicht auch das deutsche Publikum teilhaben zu lassen.“

Ein Problem, das es bei Musikprogrammen zwar nicht gibt. Trotzdem ist hier das Fehlen des Abseitigen, des Speziellen am auffälligsten. Gibt es ein Radioprogramm in Hamburg jenseits von Phil Collins oder No Angels? Für den Musikjournalisten Marcus Maack zumindest im Mainstream-Radio nicht mehr. Sämtliche Spezialsendungen, so belegte Maack anhand zahlreicher Beispiele, wurden in den vergangenen Jahren aus den Programmen gekippt. Die N-Joyisierung der Sender beherrscht die Szenerie. Ausnahmen seien auch hier FSK und Offener Kanal, deren Sendungen, so Maack, zum Beispiel auf die Hamburger HipHop-Szene einen großen Einfluss ausgeübt haben – auch wenn es, wie Maack einräumt, „im Offenen Kanal immer noch einige Sendungen gibt, die von der Professionalität her grottenschlecht sind“.