Kopflose Erziehung

Die Landeszentrale für politische Bildung ist ab dem kommenden Monat ohne Führung. SPD und GAL befürchten ein langsames „Ausbluten“ der Einrichtung

SPD-Fraktionschef Uwe Grund spricht von einem „Torso“, und seine GAL-Kollegin Christa Goetsch von einer „Pseudo-Hülse“. Beide reden dabei über die Landeszentrale für politische Bildung, die – so werfen sie der Schulbehörde vor – „ausgetrocknet und ausgeblutet“ werden soll. Grund ihrer Kritik: Während der Posten des stellvertretenden Vorsitzenden der Landeszentrale seit Monaten verwaist ist, wird auch die Leitung künftig unbesetzt sein. Die bisherige Chefin, Helga Kutz-Bauer, geht Mitte Dezember in den Ruhestand, und eine Nachfolgestelle ist nicht einmal ausgeschrieben. Kutz-Bauer sagt: „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll.“

35.000 BesucherInnen hat die Landeszentrale jährlich. Leute, die Auskunft haben wollen über die Geschichte der Hansestadt, über Grundgesetz und Wahlrecht, über Frauenemanzipation oder Parteiwesen. Die Landeszentrale sei ein „Aushängeschild der Demokratieerziehung“, so Grund, das „vom Bildungsterminator Lange zu Grabe getragen“ werde. Bereits im Juli habe der Beirat der Landeszentrale, in dem Mitglieder aller Bürgerschaftsfraktionen vertreten sind, in einem Brief an den Schulsenator ihre Besorgnis geäußert. Der Brief ist bis heute unbeantwortet.

Mit 5,5 Stellen und einem Jahresetat von 500.000 Euro ist die Landeszentrale im bundesweiten Vergleich ohnehin dünn besetzt, das war auch schon zu rot-grünen Zeiten so, wie SPD-Mitglied Kutz-Bauer bemerkt. Wenn sie jedoch nun in Pension geht, gibt es mit Rita Bake nur noch eine wissenschaftliche Mitarbeiterin im Hause.

Das übrige Personal hält mühsam den Bürobetrieb aufrecht. Seit einem Jahr haben keine SchülerInnenseminare im Rathaus, früher ebenfalls regelmäßiger Bestandteil der Arbeit, mehr stattgefunden, bemerkt Goetsch: „In Zeiten knapper Kassen gehört die politische Arbeit leider zu den ersten, die geopfert werden.“

Das sieht die Schulbehörde nicht so. „Amüsiert“ habe man die Kritik zur Kenntnis genommen, sagt Behördensprecher Hendrik Lange: In der Behörde bestehe Einigkeit, dass „politische Arbeit weiterhin Priorität besitzt“. Dass die Landeszentrale in Kürze zunächst führungslos sei, werde „sicher kein Dauerzustand“ bleiben. Man wolle allerdings erst einmal abwarten, was die Unternehmensberatung Putz und Partner, die die Schulbehörde seit Monaten unter die Lupe nimmt, zur Struktur der Landeszentrale vorschlagen werde.

Bisher hat sich die Einrichtung trotz ihres geringen Personalschlüssels dank zahlreicher studentischer PraktikantInnen über Wasser halten können. Doch auch das hat die Behörde in diesem Jahr gestoppt. Das Resultat: Im Frühjahr musste die Einrichtung schon einmal für eine Woche komplett zumachen. PETER AHRENS