Streit um Religion

Knackpunkt Nummer zwei: Ethikunterricht ja, aber darf man sich befreien lassen? Und was wird aus der Religion?

Er ist seit vielen Jahren ein Dauerbrenner in der Berliner Schulpolitik: Der Religionsunterricht und die Frage, wie er geregelt sein soll. Lange waren die Fronten verhärtet, jetzt zeichnet sich in der rot-roten Koalition zwar in der großen Linie eine Annäherung ab – nicht aber in den Details. „Das ist die schwierigste Frage beim ganzen Schulgesetz“, sagt die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Felicitas Tesch.

Einig sind sich SPD und PDS, dass in Berlin – ähnlich wie in Brandenburg – ein bekenntnisneutrales Fach eingeführt werden soll, das über Religionen, Ethik und Aspekte der Lebensgestaltung informiert. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sollen ergänzend dazu weiterhin ihren Unterricht in den Schulen anbieten.

Umstritten ist aber, ob es wie in Brandenburg die Möglichkeit geben soll, sich von dem neuen Fach beurlauben zu lassen, um nur am Unterricht der Kirchen oder des Humanistischen Verbandes teilzunehmen. Die PDS-Bildungsexpertin Siglinde Schaub lehnt eine Befreiung ab: „Bekennender Religionsunterricht ist kein Ersatz für diesen Werte vermittelnden Unterricht.“ Die SPD dagegen hält die Befreiung – auch mit Blick auf den langwierigen Rechtsstreit in Brandenburg – für unumgänglich. Dem würde auch Bildungssenator Klaus Böger (SPD) zustimmen, der in Sachen Religionsunterricht lange mit seiner Fraktion über Kreuz lag. „Es muss endlich eine verbindliche Regelung geben“, betont Bögers Sprecher Thomas John.

Neben diesem Streitpunkt sind noch viele Details ungeklärt: der Umfang des Unterrichts, die Ausbildung der Lehrer und auch die nicht ganz unwichtige Frage der Finanzierung. Klar aber ist, am Religionsunterricht will keiner der Beteiligten das Gesetz platzen lassen. Da bleibt es wohl eher bei der heutigen Regelung, die nicht zeitgemäß ist und die auch eigentlich niemand mehr will. Zu lange wird in Berlin bereits über den Religionsunterricht gestritten, und zu dringend wird in Berlin im Jahr 1 nach Pisa ein neues Schulgesetz gebraucht. Von der politischen Pleite für Rot-Rot einmal ganz abgesehen. SABINE AM ORDE