Testurteil: Viele fahren schlechter

Stiftung Warentest nahm die neuen Bahnpreise unter die Lupe. Das Ergebnis: Fast alle Kunden verlieren, und auch die viel beworbenen Familien fahren nicht immer billiger. Warentest fordert nun Korrekturen am Preissystem der Bahn

aus Berlin SUSANNE KLINGNER

Unterschiedliche Menschen fahren unterschiedlich Bahn: der allein reisende Geschäftsmann, die Alleinstehende mit Kind, die Familie mit zwei jugendlichen Kindern, das Seniorenehepaar. Bei jedem einzelnen Bahnfahrer-Typus konnte die Bahn bisher etwas finden, was am neuen Preissystem günstig sein soll. Die Stiftung Warentest hat nun untersucht, was an den Werbesprüchen dran ist. Das Ergebnis: Fast alle fahren teurer als zuvor, sogar die viel beworbene Familie.

1.600 Tarife hat Stiftung Warentest ausprobiert und dabei Personenanzahl, Buchungsdatum und Alter beliebig kombiniert und nach den preisgünstigsten Möglichkeiten gesucht. Diese wurden dann mit den günstigsten derzeit geltenden Tarifen verglichen. Die Anschaffungskosten für die Bahncard blieben unberücksichtigt. „Wer sich eine Bahncard kauft, fährt so oft, dass sich der Kartenpreis amortisiert“, so Hubertus Primus von der Stiftung Warentest.

Zu den getesteten Beispielen: Ein Elternteil mit zwei Kindern im Alter von 15 und 17 Jahren will von Freiburg nach Berlin fahren. Der alte ICE-Familiensparpreis bezog Kinder bis 17 Jahre generell mit ein. Ohne die Plan&Spar-Tickets, die es künftig für Frühbucher gibt, wird es laut Warentest richtig teuer: 330 Euro gegenüber dem alten Familiensparpreis mit Bahncard von 127 Euro. Unbestritten günstig fahren Familien mit Kindern zwischen 6 und 14 Jahren. Die Kinder reisen kostenlos. Für Eltern und zwei Kinder kostet die Fahrt von Freiburg nach Frankfurt 67 anstatt 152 Euro. Allerdings: Diesen Billigpreis hat die Stiftung Warentest unter Berücksichtigung eines Plan&Spar-40-Angebots errechnet. Das heißt: Die Familie muss mindestens 7 Tage vorher ihre Hin- und Rückreise buchen, und die Reise muss die Nacht von Samstag auf Sonntag einschließen. Mindestens 10 Prozent aller Tickets werden für Plan&Spar-Angebote reserviert, so die Bahn. Stiftung Warentest hält dagegen, dass gerade auf attraktiven Strecken sowie zu Beginn und Ende der Schulferien die Kontingente oft ausgebucht sein werden.

Die Nachteile für allein stehende Erwachsene wären besonders bedauerlich, so die Stiftung Warentest, weil diese eigentlich die treueste Klientel der Bahn seien. Vor allem Kurzstrecken schlagen hier zu Buche. Gelegentliche Pendler trifft es am härtesten, so das Ergebnis. Ein Kunde, der von Leipzig nach Cottbus und zurück im Regionalexpress fährt, bezahlt ab dem 15. Dezember nicht mehr 21, sondern 30,90 Euro. Das ist eine Preissteigerung um 47 Prozent. Stiftung Warentest verweist auf die Gründe: Der Bahncard-Rabatt sinkt von 50 auf 25 Prozent, und Plan&Spar-Sonderpreise gelten in Regionalzügen nicht.

Primus begrüßt, dass die günstigen Länder- und Wochenendtickets für Gruppen im Regionalverkehr weiterhin gelten. Je nach ergattertem Plan&Spar-Preis könnten Kleingruppen so zwischen 21 und 40 Prozent sparen. Allerdings sei es ärgerlich, dass zehn Interregio-Strecken in Zukunft durch Intercity-Züge ersetzt werden. „Mit diesem Trick sorgt die Bahn für eine Preiserhöhung“, sagt Primus. Eine Reise von Bruchsal nach Darmstadt verteuere sich beispielsweise für einen Alleinreisenden von 13,50 auf 27,30 Euro hin und zurück.

Die Stiftung Warentest fordert, dass Plan&Spar-Preise auch in letzter Minute verkauft und bei Nichtnutzung auch gratis umgetauscht werden können, zumindest für Bahncard-Besitzer. Langstreckenreisen sollen billiger gemacht werden, um gegenüber Billigfliegern mithalten zu können. Das soll durch übersichtliche Maximalpreise wie bei den alten Sparpreisen passieren. Zusätzlich soll der Bahncard-Rabatt zumindest in Regionalzügen nicht von 50 auf 25 Prozent gesenkt werden, fordert Warentest. Alternative: Man könne sich auch nach 2003 für die alte Bahncard entscheiden, je nachdem, welche der beiden Bahncards die besseren Vorteile für den Einzelnen bietet. Kinder bis 17 Jahre sollen gratis mitreisen dürfen, wie es bisher beim Familiensparpreis war. Außerdem fordert Primus mehr preiswerte Fernzüge, die umsteigefrei in die Ferienregionen fahren. Sollte die Bahn diese Vorschläge nicht berücksichtigen, befürchtet Stiftung Warentest, dass die Bahn nicht wie angekündigt aus Autofahrern Bahnfahrer macht.

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