Tote bei Anschlag

In Jerusalem kommen bei einem Selbstmordattentat 11 Israelis ums Leben, 50 weitere werden verletzt. Die Armee rückt in Bethlehem ein

JERUSALEM taz ■ Nach fünf Monaten relativer Entspannung in Jerusalem forderte gestern ein erneuter Anschlag das Leben von 11 Israelis. 50 weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Selbstmordattentäter bestieg gegen 7 Uhr einen voll besetzten Linienbus. Wenige Minuten später zündete er den an seinem Körper befestigten Sprengstoff. Israels Verteidigungsminister Schaul Mofaz schickte in einer ersten Reaktion auf den Anschlag erneut Truppen in die autonome Stadt Bethlehem.

Der militärische Arm von Hamas übernahm die Verantwortung für das Attentat, dem zahlreiche Kinder auf dem Schulweg zum Opfer fielen. Nach Auskunft von Verwandten gehörte der 23-jährige Attentäter aus al-Chader unweit von Bethlehem keiner politischen Bewegung an. Abdel Asis Rantisi, politischer Chef der Hamas im Gaza-Streifen, begrüßte das Attentat und erklärte gegenüber dem TV-Sender al-Dschasira, dass Israel nur mit Gewalt zum Abzug aus den palästinensischen Gebieten gezwungen werden könne.

Von der palästinensischen Führung wurde das Attentat zwar verurteilt, „die politische Verantwortung für die andauernde Gewalt“, so erklärte der palästinensische Friedensunterhändler Saeb Erikat gegenüber CNN, trüge hingegen die israelische Regierung. Ein Frieden sei machbar, fügte Erikat an, „was wir brauchen, ist ein Partner dafür“. Die Autonomiebehörde lehne „den Mord an Zivilisten auf beiden Seiten ab“, dennoch sei die von Israel eingeleitete Neubesetzung Bethlehems nicht der richtige Weg.

Wenige Stunden nach dem Attentat zogen erneut Panzer in die Stadt, deren Räumung die erste Stufe im Abzugsplan israelischer Truppen aus dem Westjordanland sein sollte. Fast drei Monate gab es hier keine Zwischenfälle. Es müsse eine grundsätzliche Entscheidung von der Regierung getroffen werden, urteilte der Abgeordnete der Arbeitspartei Chaim Ramon gegenüber dem Armeeradio. „Wollen wir wirklich die Kontrolle über drei Millionen Palästinenser übernehmen?“, fragte er. „Wir haben den Terror damit bislang nicht stoppen können.“ Ramon ist Verfechter einer einseitigen Trennung zwischen Israel und den Palästinensern, solange es keine bilaterale Einigung gibt.

Verteidigungsminister Mofaz berief am Nachmittag die Vertreter der Sicherheitsdienste ein, um über mögliche Reaktionen auf das Attentat zu beraten. Politische Beobachter halten einen Landesverweis für Palästinenserchef Jassir Arafat für unwahrscheinlich. SUSANNE KNAUL