Kurzabi ohne Lebenskunde

Rot-rote Koalition einigt sich auf Entwurf eines Schulgesetzes. Abitur soll nach 12,5 Jahren abgelegt werden. Entscheidung über Einführung eines verbindlichen Werte- und Religionsunterrichts vertagt

von SUSANNE LANG

Die Reform des Berliner Schulgesetzes nimmt Konturen an. Gestern einigte sich die rot-rote Koalition bei einem abschließenden Treffen von Bildungssenator Klaus Böger (SPD), den Fraktionsspitzen von SDP und PDS und deren bildungspolitischen Sprecherinnen auf die Kernpunkte eines neues Schulgesetzes. Erneut vertagt wurde die Entscheidung über die Einführung eines verbindlichen Werteunterrichts. Übereinstimmung gibt es bei der Verkürzung der Gymnasialzeit auf 12,5 Jahre.

Bildungssenator Böger zeigte sich dennoch zufrieden mit dem Entwurf. „Wir haben eine wichtige gesetzliche Grundlage geschaffen für mehr Chancengleichheit und höhere Unterrichtsqualität“, sagte sein Sprecher, Thomas John, im Anschluss an die Sitzung. Die Fraktionssprecher Michael Müller (SPD) und Stefan Liebich (PDS) sprachen von einem wichtigen Schritt, um bildungspolitische Reformen in Berlin voranzubringen. Im Dezember wird Böger den Gesetzentwurf in den Senat einbringen.

Die Schulzeitverkürzung und der Religionsunterreicht waren die letzten beiden Streitpunkte zwischen den Koalitionsparteien. Während Abiturienten ab dem Schuljahr 2004/2005 ihren Abschluss nun nach 12,5 Jahren erhalten sollen, lässt die Einführung des Werte vermittelnden Fachs „Lebenskunde, Ethik und Religion (LER)“ weiter auf sich warten. Senator Böger wollte den Werteunterricht nach Brandenburger Muster auch in der Hauptstadt einführen. Zwar gebe es in beiden Parteien große Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Modell des Religionsunterrichts, so Felicitas Tesch, bildungspolitische Sprecherin der SPD. „Der Diskussionsbedarf auch innerhalb der Parteien ist jedoch so groß, dass man nichts überstürzen sollte“, sagte die Bildungsexpertin.

Stattdessen soll vorerst der gegenwärtige Religionsunterricht verbessert werden. Nach dem Gesetzentwurf müssen Lehrer zukünftig ihre fachliche und pädagogische Eignung durch gleichwertige Abschlüsse nachweisen. Damit würden die Hürden für Relegionsgemeinschaften – etwa die Islamische Förderation –, einen eigenen Unterricht anzubieten, erhöht. Das Fach LER soll in der Diskussion bleiben. „Vor allem im Hinblick auf die Fusion mit Brandenburg müssen wir eine Regelung finden“, sagte PDS-Bildungsexpertin Siglinde Schaub.

Weiterer Kernpunkt der geplanten Reform ist eine größere Eigenverantwortung für einzelne Schulen. Sie sollen zukünftig einen Teil des Haushalts selbst bestimmen können. Zugleich müssen in einem offiziellen Schulprogramm Ziele gesetzt werden. Kontrollen durch die Schulbehörde sollen gewährleisten, dass sie eingehalten werden. Freigestellt wird den Schulen auf Initiative der PDS, SchülerInnen in der 5. und 6. Klasse in den Kernfächern in leistungsschwache und leistungsstarke Gruppen aufzuteilen. Ebenfalls neu ist der Ausbau von Ganztagsangeboten. Die Schulanfangsphase soll flexibilisiert, Vorschulklassen sollen abgeschafft werden.