Linker Putschsoldat gegen rechten Bananenmilliardär

Bei den Stichwahlen in Ecuador könnte am Sonntag Lucio Gutiérrez Präsident werden – nach Venezuelas Hugo Chávez wäre Gutiérrez der zweite linkspopulistische Militär an der Spitze eines lateinamerikanischen Landes. Sein Gegner verkörpert Kapital und großen Landbesitz

BUENOS AIRES taz ■ Breiter könnte der Graben zwischen den beiden kaum sein. Auf der linken Seite der Militär Lucio Gutiérrez. Auf der rechten der Großgrundbesitzer Álvaro Noboa. Der eine ein Soldat, der im Januar 2000 einen Aufstand der verarmten Indígena-Bevölkerung in einen Putsch wandelte und im Gefängnis landete. Der andere einer, der von seinem Vater ein Bananenimperium geerbt hat und mit einem Privatvermögen von 1,2 Milliarden Dollar zu den reichsten Männern Lateinamerikas gehört.

Beide schicken sich an, am Sonntag in der Stichwahl Präsident Ecuadors zu werden. Im ersten Wahlgang war es Gutiérrez gelungen mit 20,54 Prozent als stärkster Kandidat hervorzugehen, der zweitplatzierte Noboa hatte es auf 17,39 Prozent gebracht. Eigentlich war das schon der Sieg Gutiérrez’. Die Stichwahl hatte ihm kaum einer zugetraut.

Doch jetzt könnte sein, dass mehr daraus wird. Mit seiner bunten Allianz aus Indígena-Organisationen, kommunistischen Gruppen und linken Parteien hat der Kandidat, der stets in Militäruniform auftritt, auch bei der ecuadorianischen Mittelschicht Eindruck schinden können. Gutiérrez hat sich die Bekämpfung der Korruption auf die Fahnen geschrieben, kritisiert das Wirtschaftsmodell des Landes und verspricht eine gerechtere Verteilung des Reichtums. Sein Gegner an den Urnen, Álvaro Noboa, steht gerade sinnbildlich dafür, wie ungleichmäßig der Reichtum in dem Land verteilt ist.

Gutiérrez beteuert, er, er habe „überhaupt nichts gegen Reichtum, nur etwas gegen Armut“. Doch auch er traut sich nicht, an den Grundfesten der ecuadorianischen Wirtschaft zu rütteln. Im September 2000 wurde die Landeswährung Sucre abgeschafft und der US-Dollar als allein gültiges Zahlungsmittel eingeführt. Für Gutiérrez kein Thema.

Um die ausländischen „Investoren zu beruhigen“, die in ihm eine 1:1-Kopie des populistischen venezolanischen Staatschefs Hugo Chávez sehen, reiste Gutiérrez extra in die USA. In Ecuador machte er gut Wetter beim Militär, der Kirche und dem scheidenden Präsidenten.

Doch der Wahlkampf ist unschön geworden in dem kleinen Andenstaat. Noboa, der Wohnungen und Arbeitsplätze für die Armen verspricht, hat sich vor allem darauf konzentriert, gegen Gutiérrez auszutreten. Am liebsten nennt er seinen Rivalen einen „Kommunisten“, ganz wie in alten Zeiten. Und erst kürzlich verbreiteten Fernsehsender die Nachricht, Gutiérrez habe seine Frau angeschrien. Dieser schickte daraufhin seine 14-jährige Tochter an die Wahlkampffront, die beteuerte, ihr Vater hätte ihre Mutter überhaupt gar nicht angebrüllt.

Die Schlammschlacht übertünchte, dass beide wenig Vorstellungen haben, wie es in dem Land weitergehen soll. Ein TV-Duell zwischen den beiden Kandidaten musste abgesagt werden, weil beide gekniffen hatten. Noboa störte sich an den Fragestellern und Gutiérrez am Moderator. Ein Eigentor für Gutiérrez: Denn am Mittwoch hat das Wahlgericht die Ausstrahlung seiner Spots verboten, da er das Limit für Kampagnenkosten von 227.000 Dollar bereits überschritten hatte. INGO MALCHER