„Orchester zum Anfassen“

Der neue Geschäftsführer der Bremer Philharmoniker GmbH, Christian Kötter, will aus dem ehemaligen Staatsorchester in fünf Jahren ein „Erfolgsmodell“ machen

Am ersten September hat Christian Kötter seine Arbeit als Orchesterdirektor und Geschäftsführer der Bremer Philharmoniker GmbH begonnen. Den 34-Jährigen reizen offenbar neue schwere Aufgaben.

So hat er schon als Student im Kulturmanagement gearbeitet, ein semiprofessionelles Orchester gegründet und der brachliegende, zwanzig Jahre alten „Deutschen Kammerakademie Neuss“ 50 Konzerte pro Jahr verschaffen können, ehe er auch der Kammerphilharmonie „Amadé“ aus Münster auf die Beine helfen wollte. Doch das Angebot der Bremer Philharmoniker sah er als eine reizvollere Aufgabe an. Bisher allerdings sitzt er ohne Mitarbeiter in einem acht Quadratmeter großen Bürozimmerchen.

taz: Herr Kötter, ursprünglich wollten Sie selbst Profimusiker werden.

Christian Kötter: Ich spielte Cello, so gut, dass ein Studium in Frage kam. Aber dann hat mich ein Freund zu einer Juravorlesung überredet, die ich so spannend fand, dass ich mich anders entschied. Ich finde Jura im Gegensatz zu vielen anderen an keiner Stelle trocken, habe aber von Anfang an daran gedacht, Musik und Jura eines Tages verbinden zu können.

Ich mag die Denkstruktur bei den Juristen: zwei Meinungen gut argumentiert vertreten zu können und alles von verschiedenen Seiten beleuchten zu müssen.

Hier muss sozusagen alles neu geschaffen werden, da es durch das mauernde Verhalten der Behörde einerseits und die unendlich bewundernswert arbeitende, aber letztlich überforderte (private) Philharmonische Gesellschaft andererseits gar keine Basis gibt, auf die Sie aufbauen können.

Sie haben Recht, der Handlungs- und Gestaltungsbedarf ist enorm. Wir haben ja noch nicht einmal ein Orchesterbüro als Anlaufstelle, wir haben keine gut ausgestatteten und hinsichtlich der Akustik annehmbare Probenräume. Beides muss, so stelle ich mir das vor, zusammenliegen.

Aber ich finde es gut, dass man den Bedarf wirklich erarbeiten kann: Was und wer wird wirklich gebraucht. Natürlich gibt‘s da vom Kräfteeinsatz her einen Reibungsverlust, aber mir gefällt es besser so.

Was sind die Aufgaben Ihrer doppelten Position?

Als Orchesterdirektor bin ich Personalchef des Orchesters, also verantwortlich für Krankmeldungen, Probespiele und dergleichen. Außerdem fällt Sponsoring, Fundraising und Marketing in meine Zuständigkeit.

Als kaufmännischer Geschäftsführer will ich zusammen mit unserem Generalmusikdirektor Lawrence Renes in fünf Jahren aus dem Orchester ein Erfolgsmodell machen – auch wenn die wirtschaftlichen Vorzeichen schwierig sind.

Was sind die ersten Ziele in Bezug auf das Marketing des Orchesters?

Wir wollen dieses Orchester als Philharmoniker der Bremer in dieser Stadt verankern. Die Leute müssen sagen: „Unser Orchester“. Weitziel ist, dass das Orchester auch reist. Dann müssen wir schnellstens am Publikumszustrom arbeiten, vor allem Jugend erreichen und dort abholen, wo sie steht. Wir wollen sozusagen ein Orchester zum Anfassen.

Und wir müssen mit unseren Programmen deutlich machen, dass eine Konzertsaison nicht eine Ansammlung von Bildungsbeliebigkeiten ist. Ein dramaturgisches Konzept, auch für einen längeren Zeitraum, ist dabei sehr wichtig, um Inhalte vermitteln zu können.

Interv.: Ute Schalz-Laurenze