Ver.di warnt: Berlin erste Stadt ohne Sparkasse

Die Dienstleistungsgewerkschaft demonstriert morgen gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Berliner Bankenskandal“ gegen den vom Senat geplanten Verkauf der Bankgesellschaft. Die Veranstalter befürchten den Verlust der Sparkasse

Der vom rot-roten Senat geplante Verkauf der verlustreichen Bankgesellschaft stößt immer mehr auf öffentlichen Widerstand. Für morgen rufen die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und die Initiative „Berliner Bankenskandal“ zu einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus auf. Motto: „Berlin braucht eine Sparkasse.“ Erwartet werden 3.000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, Beginn ist um 16.30 Uhr. Die Veranstalter befürchten vor allem den Verlust der Berliner Sparkasse durch einen Verkauf des mehrheitlich landeseigenen Kreditinstituts, das die Berliner bislang Milliarden gekostet hat, statt Gewinne in die leeren Kassen der Stadt zu spülen. Zurzeit steht der Senat mit zwei US-amerikanischen Investmentgesellschaften in Verkaufsverhandlungen, bis zum Jahresende will der Senat eine Entscheidung treffen.

„Wir befinden uns jetzt in der entscheidenden Phase“, begründete Ver.di-Finanzexperte Joachim Tonndorf gestern den Termin der Demonstration. Ein Verkauf der Bankgesellschaft gefährde die Existenz der Berliner Sparkasse. Werde die Bank privatisiert, dürfe das Sparkassenlogo nicht mehr verwendet werden. Zwar habe der Senat zugesichert, in einem eventuellen Verkaufsvertrag bestimmte Leistungen der Sparkasse – etwa Konten für sozial Schwache – festzuschreiben. „Das reicht uns aber nicht“, so Tonndorf.

Die Gegner des Verkaufs befürchten weitere Filialschließungen und Arbeitsplatzabbau, sollte die Sparkasse verkauft werden. Anders sei eine Rendite von bis zu 15 Prozent, wie sie für Investmentgeschäfte dieser Art international üblich seien, nicht zu erwirtschaften, hieß es. Möglich seien auch weitere Gebührenerhöhungen. Schon heute nutzt die Sparkasse, die nicht gerade zu den preiswertesten Instituten gehört, ihre Marktführerschaft im Massenkundengeschäft der Region aus. Davon wollen auch die beiden potenziellen Investoren profitieren.

Die erwarteten Einnahmen aus dem Verkauf sind nach Ver.di-Ansicht kein ausreichendes Argument für eine Entscheidung von solch strategischer Bedeutung. Die „1 Komma x Milliarden Euro“ könnten gerade mal ausgleichen, was Berlin in die Bank gepumpt habe, so Tonndorf. Das Land musste vor Jahresfrist 1,75 Milliarden Euro in die Bankgesellschaft stecken, um sie vor der Pleite zu bewahren. Zusätzlich übernahm es in diesem Jahr eine Bürgschaft für verlust- und risikoreiche Immobilienfondsgeschäfte in Höhe von bis zu 21,6 Milliarden Euro.

Weitere Risiken für das Land Berlin befürchtet Tonndorf nicht, sollte Berlin die Bank nicht verkaufen. „Die neue Bankgesellschaft ist mit der alten nicht zu vergleichen.“ Nach der mittlerweile eingeleiteten Umstrukturierung sei sie ein regional ausgerichtetes Institut, das Gewinne abwerfen werde.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di warnt davor, dass Berlin bundesweit die erste Stadt ohne Sparkasse werden könnte, sollte es die Bankgesellschaft verkaufen. Nach der morgigen Demonstration startet die Gewerkschaft eine Unterschriftenkampagne für den Erhalt der Sparkasse. RICHARD ROTHER