Fragas Jagdurlaub wird zum Politikum

Nach dem Tankerunglück stellt die Opposition einen Misstrauensantrag gegen den galicischen Regierungschef

MADRID taz ■ Was macht ein Regierungschef, wenn die Küsten seiner Region im Ölschlamm versinken? Der Chef der galicischen Regionalregierung, Manuel Fraga, jagte Wachteln. Der 80-jährige konservative Landesvater verbrachte die Tage nach dem Unglück des Tankers „Prestige“ in den Bergen in Zentralspanien.

„Wie ein Kapitän, der ein sinkendes Schiff verlässt“, beschwert sich der Generalsekretär der sozialistischen Opposition, Emilio Pérez Taurino. Seine Partei wird in den nächsten Tagen einen Misstrauensantrag gegen die Regierung stellen.

Die gestrige Sitzung des Regionalparlamentes wurde unterbrochen, als die Abgeordneten der linksnationalistischen galicischen BNG Plakate mit der Aufschrift „Nie wieder!“ zeigten.

Auch im Madrider Parlament bestimmte die Untätigkeit der Zentralregierung gegen die Ölverschmutzung die Plenarsitzung. Die kommunistische Vereinigte Linke sowie die baskischen und galicischen Nationalisten verlangten eine Fragestunde mit Regierungschef José María Aznar. Sie wollen wissen, warum er noch immer nicht im Katastrophengebiet war.

Überall in Galicien werden kritische Stimmen laut. Nachdem die Fischer der geschädigten Dörfer am Wochenende bereits demonstriert hatten, meldeten sich jetzt auch die Bürgermeister der Hafenstädte der bisher vom Öl verschonten Südküste zu Wort. Angesichts der Untätigkeit der Behörden haben sie die Europäische Union um Hilfe gebeten. „Wir können uns nicht einfach auf die Meeresströmung und den Wind verlassen“, sagen sie. Und bitten Brüssel, „alle zur Verfügung stehenden Mittel aufzuwenden, um die bevorstehende Katastrophe zu verhindern“.

Die Säuberungsarbeiten gehen weiterhin nur schleppend voran. Bisher wurden nur 1.245 Tonnen Schweröl der rund 20.000 Tonnen, die bei der Irrfahrt und dem Auseinanderbrechen der „Prestige“ ins Meer gelangten, eingesammelt. Nach Angaben des portugiesischen Hydrographischen Instituts strömt aus dem in 3.600 Meter Tiefe liegenden Wrack noch immer Öl aus. Die Ölflecke an der Unglücksstelle wachsen ständig. Die portugiesische Marine hat Sonden auf den Ölteppichen abgesetzt, um sie per Satellit zu verfolgen. Die Spanier begnügen sich damit, das Meer mit Flugzeugen abzufliegen. Angesichts der mangelnden Informationspolitik der Spanier ist das Institut des Nachbarlandes mittlerweile die Hauptquelle der Presse, wenn es um das Ausmaß der Katastrophe geht. REINER WANDLER