SPD-Initiative zur Vermögensteuer kommt

Heute Beschluss der Kabinette von NRW und Niedersachsen. SPD-Fraktionschef Müntefering signalisiert Unterstützung

BERLIN taz ■ Am 25. Oktober 1648 wurde von der Treppe des Rathauses zu Osnabrück der Westfälische Friede verkündet. Der Dreißigjährige Krieg war zu Ende. Wenn sich heute die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen am historischen Ort zu einer gemeinsamen Kabinettssitzung treffen, dürfte die Botschaft nicht allenthalben auf Zustimmung stoßen. Die beiden Länder veröffentlichen heute ihre Bundesratsinitiative zur Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Die beiden Landesregierungen tagen ab Nachmittag im Rathaus von Osnabrück – auf halbem Weg zwischen Düsseldorf und Hannover. Gestern wurden noch Einzelheiten der Initiative verhandelt. Ein Dissens drehte sich um die Frage, auf welche Vermögen die Steuer erhoben werden soll. Dabei will die NRW-Regierung sowohl private als auch betriebliche Vermögen einbeziehen. Die SPD-Regierung von Niedersachsen widerspricht dieser Position. „Das träfe den Mittelstand zu hart“, sagte Sprecher Volker Benke. Die NRW-Regierung von SPD-Ministerpräsident Peer Steinbrück schlägt vor, die Steuer auch auf Firmenvermögen zu erheben, um zu verhindern, dass privater Besitz in betriebliches Vermögen umdeklariert wird. Diese Möglichkeit der Steuervermeidung müsse man verstopfen, heißt es.

Die bislang diskutierten Eckpunkte sehen vor, dass Vermögen von einer Million Euro an aufwärts steuerpflichtig werden. Der Steuersatz würde zwischen 0,75 und 1 Prozent liegen.

Nachdem unter anderem Bundeskanzler Gerhard Schröder die Neueinführung der Vermögensteuer im Umkreis der Bundestagswahl noch ausgeschlossen hatte, wird die Idee jetzt zunehmend positiv aufgenommen. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering stellte die Zustimmung der SPD-Bundestagsfraktion in Aussicht. Dass die SPD-Spitze aktive Unterstützung des Vorhabens der SPD-Länder signalisiert, ist eine neue Entwicklung. Kurz nach der Bundestagswahl hatten führende SPD-Politiker in Berlin den Eindruck vermeiden wollen, sie hätten etwas mit der umstrittenen Steuer zu tun. Fraktionschef Müntefering hatte nur erklärt, sich nicht in den Weg zu stellen.

Auch das Bundesfinanzministerium scheint sich zu bewegen. Sprecherin Maria Heider sagte, es könne „verfassungsrechtlichen Spielraum“ geben, um die Vermögensteuer zu erheben. Die CDU-FDP-Bundesregierung hatte die Steuer ruhen lassen, nachdem das Bundesverfassungsgericht sie für problematisch erklärt hatte. Verfassungsrichter Paul Kirchhoff hatte den Grundsatz hochgehalten, dass jeder Steuerbürger das Recht habe, mindestens 50 Prozent seines Einkommens zu behalten. Da damals die Spitzensteuersätze für die am besten Verdienenden jedoch über 50 Prozent lagen, sah Kirchhoff keine Rechtfertigung für die Vermögensteuer. Mittlerweile hat die rot-grüne Regierung den Spitzensteuersatz auf 48,5 Prozent reduziert und will ihn weiter senken.

NRW und Niedersachsen wollen ihre Initiative noch im Dezember in den Bundesrat einbringen und hoffen auf Unterstützung aus unionsregierten Ländern. HANNES KOCH