Die US-Wunschliste bleibt geheim

Rot-Grün versichert, „aktive“ Beteiligung an einem Irakkrieg werde es nicht geben. Doch was die Spürpanzer in Kuwait genau tun dürfen, bleibt ebenso unklar wie der Inhalt der US-Anfrage an Deutschland. Friedensbewegung spricht von „Wahlbetrug“

von LUKAS WALLRAFF

Wahlbetrug will sich Rot-Grün nicht vorwerfen lassen – schon gar nicht bei der hoch emotionalen Frage von Krieg und Frieden. Bei dem klaren Nein von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) aus Wahlkampfzeiten zu einer deutschen Mitwirkung an einem möglichen Irakkrieg soll es bleiben. Dies stellte der stellvertretende Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth gestern nochmals klar. Eine „aktive militärische Beteiligung“ der Bundeswehr werde es nicht geben.

Auch Grünen-Parteichef Fritz Kuhn betonte: „Die Grünen stehen zu ihrem Versprechen, dass es keine deutsche Beteiligung an einem Angriff auf den Irak geben wird.“ Trotzdem werden Zweifel laut, was diese Zusicherung im Falle eines Falles noch wert ist. In den kommenden Wochen dürfte vor allem die Frage erörtert werden, was das Wörtchen „aktiv“ bedeutet. Dürfen deutsche Spürpanzerbesatzungen in Kuwait den USA helfen oder setzt sich der grüne Fraktionsvize Christian Ströbele durch, der im Falle eines Angriffs auf den Irak sogar „Nothilfe“ für die USA ablehnt?

Sprecher der Friedensbewegung haben einen möglichen Einsatz der in Kuwait stationierten deutschen „Fuchs“-Spürpanzer gestern bereits als „Wahlbetrug mit Kriegsfolgen“ bezeichnet. Die Sprachregelung, man werde sich „nicht aktiv“ am Krieg beteiligen, sei ein „durchsichtiger Rosstäuschertrick“, teilte der Bundesausschuss Friedensratschlag in Kassel mit. Das von Rot-Grün versprochene „Nein“ zum Irakkrieg gelte offensichtlich nicht mehr. Dem widersprach Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) energisch. Struck versichterte gestern, die sechs in Kuwait stationierten ABC-Spürpanzer würden ausschließlich im Rahmen der Mission „Enduring Freedom“ zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus eingesetzt. Doch dann kam eine Einschränkung: Im Falle eines Angriffs des Iraks auf Kuwait mit chemischen oder biologischen Waffen, so Struck, würden die Panzer mit ihren Messlaboren „vor Ort aktiv“ werden.

Seine Ankündigung im Wahlkampf, die Panzer würden bei einem Angriff auf den Irak abgezogen, hat Struck schon lange zurückgenommen. Auch Grünen-Chef Kuhn sagte gestern, er sei „nicht sicher, ob die Spürpanzer in der aktuellen Lage überhaupt zurückgezogen werden können“.

Welche Art von Unterstützung sich die USA erwarten, bleibt unklar, seit die Existenz einer amerikanischen Wunschliste bekannt wurde. „Wir wollen Klarheit“, forderte CDU-Chefin Angela Merkel. Doch nur die angebliche Anfrage nach deutschen Flugabwehrraketen wurde erneut dementiert. Regierungssprecher Langguth erklärte, „dass die Bundesregierung nicht beabsichtigt, sich zu Einzelheiten der Anfrage zu äußern“. Die Wünsche der USA seien „wenig spezifiziert und zum Teil noch konkretisierungsbedürftig“.

So bleibt es auch das Geheimnis des grünen Verteidigungspolitikers Winfried Nachtwei, was genau er meinte, als er gestern im Südwestfunk sagte: „Sicherlich könnten wir bei einer existenzbedrohenden Gefahr für Israel nicht einfach zusehen.“