eröffnungsfilm: Fatih Akins etwas betulicher „Solino“

Man durfte gespannt sein. Ein Film von Fatih Akin über die erste Pizzeria im Ruhrgebiet. Erstmals nicht nach eigenem Drehbuch, diesmal inszenierte Akin eine Story von Ruth Toma. Nach seinem furiosen Debüt, der Kleingangsterballade Kurz & schmerzlos, entzog sich der Altonaer Regisseur dieser Genreschublade und legte mit Im Juli ein rasantes Roadmovie nach. Nun also der Anfang der Pizza im Pott.

Doch stopp, Solino, mit dem das diesjährige Filmfest Hamburg eröffnet wird, erzählt keine Geschichte der ersten italienischen Immigranten. Nein, Fatih Akin entrollt ein kleines, zeitlos angelegtes Familienepos. Diesem ist sein Milieu aber herzlich egal, und die 60er- und 70er-Jahre bleiben nicht mehr als eine gut ausgestattete Kulisse, die auch mal für einen wild und bunt gefilmten LSD-Rausch gut ist.

Im Jahr 1964 also bricht die Familie Amato aus dem kleinen Städtchen Solino auf, um in Duisburg ihr Glück zu machen. Das Bergwerk ist allerdings eher die Hölle, und Vater Romano mag sich auch nicht die Hände schmutzig machen. So trifft es sich gut, dass die Pasta der Mamma an der Ruhr ebenso gut wie zu Hause schmeckt. Ob sich in der Pizzeria Solino nun aber die italienische Community traf, oder wie das anging, dass sich die Krauts von Kartoffeln und Klopsen trennten – wir erfahren es nicht.

Stattdessen sehen wir, wie ein italienisches Filmteam dort Mittagspause macht, die Schauspieler ihre SS-Uniformen allerdings vor der Tür lassen müssen, denn bei Mamma Rosa Nazis nix mangiare. Immerhin entdeckt Sohn Gigi bei der Gelegenheit seine Passion fürs Filmemachen. Sein älterer Bruder Giancarlo hingegen ist ein echter Racker mit krimineller Energie.

Gigis Zwist mit Bruder und Vater und seine Sorge um die heimwehkranke Mutter sind die Fixpunkte der Saga, doch bleiben die Konflikte behäbig und blass. Den an sich ollen Kamellen, dass zwei Brüder sich in dieselbe Frau verknallen, oder dass Papa den Sohnemann nicht beim Filmen fördert, kann Akin hier nichts Zwingendes auspressen. Und in der verschwommenen Rolle des Giancarlo kann auch Moritz Bleibtreu nicht seine gewohnte Intensität ausspielen.

Hier sollen offenbar große Epen Pate stehen, 1900 oder Rocco und seine Brüder, doch Solino pflügt sich wie eine betuliche TV-Produktion mühsam durch sein aufgeschäumtes Wellental. Höhepunkt ist der schwarzweiße Super-8-Debütfilm von Gigi über den Vater seiner Freundin: „Dat is jetz wech“ hat den Humor und kohlenstaubigen Realitätsbezug, den man sich für die gesamten knapp zwei Stunden gewünscht hätte. TIM GALLWITZMo, 19.30 Uhr, Cinemaxx + Do, 26.9., 22.15 Uhr, Zeise