Liberale Fälscher mit großer Energie

FDP legt Bericht zu Finanzmanipulationen im NRW-Landesverband vor. Schatzmeister Rexrodt attestiert Möllemann und seinen Helfern „große Energie und handwerkliches Geschick“. Schon 1999 und 2000 floss über eine Million Mark illegal in FDP-Kasse

aus Berlin ULRIKE HERRMANN

Nun steht es parteiamtlich fest: Es gibt nicht nur die Spenden- und Flugblattaffäre des Jürgen Möllemann im Jahr 2002 – auch 1999 und 2000 wurde im FDP-Landesverband Nordrhein-Westfalen „massiv gegen die Bestimmungen des Parteiengesetzes“ verstoßen. Dies ist das Ergebnis eines internen Prüfberichts, den FDP-Bundesschatzmeister Günter Rexrodt gestern Bundestagspräsident Wolfgang Thierse übergab und im Internet veröffentlichte (www2.liberale.de).

So wurden 2000, im Landtagswahljahr, 931.000 Mark verbucht, „deren Spender nicht mehr feststellbar sind“ und deren „Annahme rechtswidrig“ war. 1999 gilt dies für 199.000 Mark. Dabei sei „mit großer Energie und handwerklichem Geschick“ manipuliert worden, wie sich Rexrodt empörte. So wurden Kopien von Kopien von fingierten Empfangsbelegen angefertigt – selbst Dankesbriefe an die vermeintlichen Spender wurden gefälscht und abgelegt.

Auch die Kontrolle der Ausgaben gestaltet sich schwierig. So besteht für 2000 der Verdacht, dass die Wahlkampfzentrale „Werkstatt 8“ nicht ordnungsgemäß abgerechnet wurde. Rexrodt rechnet mit „Korrekturbedarf“ von etwa 50.000 Euro. Vor allem ist unklar, ob der damalige Wahlkampfleiter Fritz Goergen ein Honorar bekam – und wer es bezahlt haben könnte. Denn Akten gibt es nicht. Bislang hielt sich das Gerücht, sie seien verschwunden. Das konnte Rexrodt nicht bestätigen; er hatte vielmehr den Eindruck, die Akten seien „gar nicht erst entstanden“.

Dafür hat die FDP inzwischen einen 16-seitigen Brief von Möllemanns Anwälten erhalten. Sie beziehen sich aber nur auf das Jahr 2002 und erläutern die Finanzierung des antisemitisch eingefärbten Wahlkampf-Flugblatts. Rexrodt erschien es gestern „plausibel“, dass Möllemann den Vertrieb und Druck aus seinem „Privatvermögen“ bezahlt haben will. Weiter führten die Anwälte aus, Möllemann habe dem inzwischen entlassenen Geschäftsführer der NRW-FDP „den Betrag von 1.000.000 Euro in Scheinen à 500 Euro übergeben“. Hans-Joachim Kuhl sollte das Geld „in kleineren Beträgen bar bei verschiedenen Banken“ einzahlen. Dabei habe er sich „beliebig ausgewählter Alias-Namen und -Adressen bedient“.

Da Möllemann als Spender festzustehen scheint, hofft die FDP nun, dass sie jene 840.000 Euro zurückbekommt, die sie bereits an Thierse weitergeleitet hat. Schließlich handele es sich jetzt um eine Art Sachspende in Form eines Flugblatts. Ob sich der Bundestagspräsident dieser Rechtseinschätzung anschließt, ist offen – zudem rechnet selbst die FDP damit, dass sie für die Unregelmäßigkeiten in den Jahren 1999 und 2000 mindestens 600.000 Euro nachzahlen muss.

Auch der Versuch, Möllemann aus der FDP auszuschließen, ist eine Runde weiter. Wie das Bundespräsidium hat am Montagabend auch der NRW-Landesvorstand beschlossen, Möllemann zum Parteiaustritt aufzufordern. Falls er die FDP nicht freiwillig verlässt, werde ein Parteiordnungsverfahren eingeleitet.

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