Vier wollen den Knochenjob

Heute wird der neue Ortsamtsleiter von Hemelingen gewählt: Auf ihn warten eine 70 Stunden-Woche und ein Stadtteil voller Probleme. 15 haben sich beworben, einen Top-Favoriten gibt es schon

Leicht wird es der neue Ortsamtsleiter nicht haben: Mit 45.000 Einwohnern ist Hemelingen nicht nur der größte Stadtteil Bremens, er hat noch größere Probleme im Sozialen und im Verkehrsbereich. Der jetzige Ortsamtschef Hans-Günther Köhler kommt locker auf eine 70 Stunden-Woche – er managt den gesamten Stadtteil quasi alleine. Nicht mehr lange: Köhler, einst eingesprungen und seit fünf Jahren im Amt, tritt bald in den Ruhestand. Heute um 19 Uhr stellen sich in einer öffentlichen Versammlung vier Kandidaten vor.

Insgesamt 15 Anwärter gab es für den Knochenjob: Grafiker, Juristen, Pädagogen, sogar ein Elektriker bewarb sich. In die engere Auswahl kamen aber nur die, die sich in Stadtentwicklung und Umwelt auskennen, das öffentliche Dienstrecht verstehen, Erfahrung mit kommunalpolitischen Gremien haben und etwas von den verfuchsten stadtbremischen Strukturen wissen. „Letztlich hat keiner der Bewerber alle Kriterien erfüllt“, sagt Gesamtbeiratssprecher Kurt Schuster.

„Ich schätze meine Chancen auf 40:60“, sagt Dieter Facklam, einer der beiden Favoriten für den Zehn-Jahres-Job. Noch ist Facklam (50) Stadtteilleiter Mitte/Östliche Vorstadt für wirtschaftliche Hilfen im Amt für Soziale Dienste. Immerhin ist der Parteilose ein echter Hemelinger, der 1976 seine Verwaltungskarriere sogar in der Rentenstelle und im Bereich allgemeine Verwaltung des Ortsamts Hemelingen begann. Facklam will auf jeden Fall den Lasterverkehr durch Könnecke und Coca Cola eindämmen: „Ein Tunnel an der Ahlringstraße – das muss.“

Der Topp-Kandidat ist aber Ullrich Hövt (53): „Ich ahne das“, sagt der Volkswirt, der derzeit bei der Gewoba für Großprojekte, Stadtsanierung und Entwicklung zuständig ist. Hövt kümmert sich schon seit acht Jahren als Projektleiter um Sanierungsprojekte in Hemelingen. „Ich möchte, dass es ein stärkeres Bewusstsein für Hemelingen gibt“, sagt Hövt. „Die Hastedter sehen sich nur als Hastedter, die Aarberger als Aarberger.“ Aber nicht als Hemelinger. Da müsse es „mehr Werbung nach innen“ geben.

Allenfalls Außenseiterchancen haben dagegen Udo Winterberg (38), ein Jurist aus Bremen sowie ein Diplomingenieur für Landschaftspflege, der zwar in der SPD ist, aber dafür aus dem Umland kommt.

Heute dürfen die vier Bewerber im Beirat auf sich aufmerksam machen: Jeder hat zunächst zehn Minuten Redezeit, dann darf er zehn Minuten ausgequetscht werden, bevor die 19 Beirätler zur geheimen Wahl schreiten.

Wenn es nur nach Parteibuch ginge, wäre Hövt ohnhin der neue Mann in Hemelingen – er ist Sozialdemokrat. Zehn Beiratsmitglieder sind SPDler, fünf von der CDU, zwei von den Grünen und je einer von PDS und AfB. Gesamtbeiratssprecher Schuster, auch ein SPD-Mann, betont jedoch, dass die Wahl ein „geschlossenes Bild von Hemelingen abgeben soll – nicht so wie in der Neustadt“. Dort war Klaus-Peter Fischer im Oktober erst knapp im zweiten Durchgang wiedergewählt worden.

Hinter den Kulissen hat es natürlich längst Absprachen gegeben. Schuster hielt gestern seine eigene Präferenz noch geheim, betonte aber: „Sie können davon ausgehen, dass der neue Ortsamtsleiter mit 15 bis 16 Stimmen gewählt wird.“

Kai Schöneberg