Revolution am Runden Tisch

Der „Runde Tisch Bildung“ hat weitreichende Veränderungen des bremischen Schulsystems vorgeschlagen: Ganztagsschule und Schulautonomie für alle

„Sie werden die Bremer Schulen nicht wiedererkennen, wenn das umgesetzt wird“, so selbstbewusst präsentierte der Vorsitzende des „Runden Tisches“ zur Bildungspolitik, der Pädagoge Wolfgang Harder, gestern den Bericht des „Rundes Tisches“. Auf mehr als 50 Seiten sind da Kritiken und Empfehlungen aufgelistet. In den nächsten Monaten sollen erste Schritte der Veränderung konkretisiert werden, aber Harder weiß auch: „Grundlegende Veränderungen brauchen ein Jahrzehnt.“ Wichtig war dem Runden Tisch ein parteiübergreifender Konsens gesellschaftlicher Interessengruppen, denn Koalitions-Beschlüsse haben eine zu kurze Verfallszeit: „Alle vier Jahre sind Wahlen.“

Punkt eins der Reform: Die Schulen sollen selbständig über Personal, Sachmittel und pädagogische Konzepte entscheiden. Die Behörde soll sich auf die Kontrolle der schulischen Ergebnisse konzentrieren. Schulaufsicht (Lemke: „Die gab es bisher im Grunde nicht“) soll konsequent von Beratung getrennt werden. Schulen sollen sich ihre Berater selbst aussuchen dürfen.

Und die Schulleitungen sollen für ihre Leitungsaufgabe fit gemacht werden. Eine Schule mit 100 Lehrern und 1000 Schülern sei wie ein mittelständischer Betrieb, „da braucht man Managementfähigkeiten“, sagt der Leiter des Schulzentrums Findorff, Peter Lankenau. Danach fragt heute kaum jemand bei der Besetzung von Schulleiterstellen – „dieses ist unerträglich eigentlich.“ Da die Bildungsbehörde kein Geld hat für eine professionelle Beratung, hat seine Schule über die Bosch-Stiftung Gelder locker gemacht – und Lankenau berichtet begeistert davon, was man von den Privaten über Führungs-Stil lernen kann. Er soll im Auftrag des Bildungssenators die Arbeitsgruppen zur Konkretisierung der Ergebnisse des Runden Tisches koordinieren.

Vor allem aber hat der Runde Tisch weitreichende Veränderungen der Schullandschaft vorgeschlagen: „Schulwahlentscheidungen erst nach 8 bis 10 Schuljahren“ steht in den Empfehlungen, Abschied von der Illusion homogener Klassen, das heißt: Förderung unterschiedlicher Leistungsniveaus in einer Klasse. Und schließlich soll „Schule – zumal als Ganztagsschule – nicht nur ein Ort zum Lernen sein. Sie muss ein Ort werden, an dem die Kinder auch gerne leben.“ Die erfolgreichen Pisa-Länder, erinnert Harder, haben die Ganztagsschule für alle. Ganztagsangebote dürften nicht diskriminierend eingeführt werden unter dem Motto: nur für schlechte Schüler in schlechten Stadtteilen.  K.W.

Den vollständigen Text der Empfehlungen gibt es unter www.bildung.bremen.de/RunderTischBildung