Horizontal kommuniziert

George Benjamin dirigierte die Deutsche Kammerphilharmonie in der Glocke

Das letzte Abonnementskonzert der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen erinnerte daran, mit welchen Versprechen das Orchester 1992 aus Frankfurt nach Bremen gekommen war: anteilig zeitgenössische Musik zu machen. Daraus ist nichts geworden, denn das Orchester lebt hauptsächlich von Tourneen, und bei auswärtigen Konzerten ließ sich zeitgenössische Musik nicht gut verkaufen. So etwas wie dieses letzte Abo-Konzert, so eine Musikerin, „können wir nur in Bremen spielen“. Der Publikumszulauf bestätigte das.

Man hatte ein richtig gutes und auch schönes Programm gebaut, und mit dem 42-jährigen Komponisten und Dirigenten George Benjamin nach Meinung von Geschäftsführer Albert Schmitt einen ,,Superstar“ gewonnen, ein von der Kammerphilharmonie inflationär gebrauchter Begriff, der hier ja nun so überhaupt nicht hinpasst.

1984 schrieb Luciano Berio ,,Requies“ (Ruhe) zum Tod seiner Frau, der berühmten Sängerin Cathy Berberian: Im Pianissimobereich gibt es minimale und filigrane Veränderungen bis zu einem Fortissimo(schrei). Ein vergleichbar diffiziles Klanggewebe zeigte Luigi Dallapiccolas klangschönes ,,Piccola musica notturna“ (1954). Beide Stücke zeigten unter der Leitung von Benjamin aufs Beste, welch hinreißende horizontale Kommunikationen die MusikerInnen der Kammerphilharmonie zu leisten in der Lage sind. Das allerdings brauchten sie auch für die beiden Werke des „Superstars“: „Drei Inventionen“, 1995 geschrieben zur Eröffnung der Salzburger Festspiele, und ,,A Mind of Winter“ für Sopran und Orchester, ein Werk, das Benjamin im Alter von 21 Jahren komponierte.

Benjamins Tonsprache – er ist Schüler von Olivier Messiaen und Alexander Goehr – basiert auf Klangtechniken und -raffinessen von Debussy, Ravel und Strawinsky, die er aber vollkommen selbständig weiterführt, und nutzt gerne umgesetzte Bilder fast barocker Art: So, wenn in ,,A Mind of Winter“ das Orchester geradezu eisig klirrt, oder auch in den ,,Drei Inventionen“ Landschaften zu wechseln scheinen. Glanzvoller Höhepunkt des begeistert angenommenen Konzertes war die furiose Wiedergabe von Manuel de Fallas Ballett-Suite ,,El Amor brujo“ mit seinem fast zum Schlager gewordenen berühmten „Feuertanz“.

Ute Schalz-Laurenze