Genmais auf Ministers Speiseplan

EU-Minister einigen sich noch nicht endgültig auf Art der Kennzeichnung von Genfood. Druck aus Nordamerika. Verbraucherschützer fordern genaue Labels auf Etiketten

BRÜSSEL taz ■ Genetisch veränderter Mais stand gestern in Brüssel bei Verbraucherministerin Renate Künast und ihren Kollegen auf dem Speiseplan. Greenpeace-Aktivisten hatten der Politikerin zu Beginn der Ratstagung Maiskolben überreicht, die aus illegalem Anbau in Hessen stammen. Greenpeace hatte den Skandal aufgedeckt.

Die EU-Minister debattierten ein weiteres Mal darüber, unter welchen Bedingungen genveränderte Pflanzen in die Umwelt gelangen dürfen und wie die daraus hergestellten Lebensmittel gekennzeichnet sein müssen. Die EU-Kommission schlägt gemeinsam mit der dänischen Ratspräsidentschaft einen Schwellenwert von einem Prozent vor, ab dem gentechnische Bestandteile in der Nahrung auf dem Etikett ausgewiesen werden sollen.

Das EU-Parlament, das in dieser Frage mit entscheidet, hatte ein halbes Prozent als Grenze für unabsichtliche Verunreinigungen verlangt. Renate Künast hatte vor Beginn der Sitzung erklärt, die Bundesregierung sei „realitätstüchtig und mit einem Wert von 0,8 oder 0,9 Prozent einverstanden“. Italien, Luxemburg, Österreich und Frankreich fordern noch niedrigere Werte.

Seit vier Jahren genehmigt die Kommission keine Anträge auf biotechnologisch veränderte Pflanzensorten mehr. Das EU-Parlament hatte sich in seiner letzten Straßburger Sitzung mehrheitlich dafür ausgesprochen, dieses Moratorium zu beenden. Die Parlamentarier hatten sich von der Biotech-Industrie überzeugen lassen, die davor warnt, dass Europa gegenüber den USA ins Hintertreffen gerät. Handlungsdruck für den Rat entsteht auch durch ein drohendes Verfahren bei der Welthandelsorganisation. Amerikanische Futtermittel- und Lebensmittelhersteller rechnen vor, dass ihnen wegen der derzeit unklaren Rechtslage in der EU jährlich Exporte im Wert von 200 Millionen Dollar entgehen.

Dagegen weisen Verbraucherschützer und Umweltverbände darauf hin, dass die Europäer kein Genfood wollen. In Umfragen lehnen 70 Prozent Gentechnik in Lebensmitteln ab, 94 Prozent wollen genaue Angaben auf dem Etikett. Doch mittelfristig wird den europäischen Konsumenten auch die beste Etikettierungvorschrift nichts nützen. Erfahrungen in den USA und Kanada haben gezeigt, dass genveränderte Samen durch Wind und Tiere über weite Strecken transportiert werden. Wegen der in Europa dicht beieinander liegenden Anbauflächen wird es bald kein traditionelles Saatgut mehr geben, fürchten manche. Dann würde der Käufer im Regal vergeblich nach Lebensmitteln suchen, auf deren Etikett die Genfood-Markierung fehlt.

DANIELA WEINGÄRTNER