Große Koalition gegen Ich-AGs

Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik erstellt Sondermemorandum zu Hartz

BERLIN taz ■ Es ist eine Beobachtung, die durchaus nahe liegt: Bei den Hartz-Reformen für den Arbeitsmarkt werde derzeit nur debattiert, „ob die Gewerkschaften oder die Arbeitgeber zu viel Einfluss auf die Regierung nehmen“. Aber der „grundlegende Strategiewechsel“ in der Arbeitsmarktpolitik würde „nur sehr verkürzt diskutiert“. Also stellte die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ gestern ein Sondermemorandum vor (www.memo.uni-bremen.de).

Dabei kam es zu parteiübergreifenden Allianzen: Die gewerkschaftsnahen Wissenschaftler begrüßten es, dass die Union den „Ich-AGs“ und „Minijobs“ heute im Bundesrat nicht umstandslos zustimmen will. Allerdings sind die Motive der Experten nicht taktisch, sondern grundsätzlich: Vor allem die Ich-AGs seien eine „Verschlimmbesserung“. Da die Existenzgründer ihre Einkommen drei Jahre lang nur mit zehn Prozent pauschal versteuern müssten und außerdem Zuschüsse für ihre Sozialversicherung erhielten, sei dies eine Einladung zum „Missbrauch“. Diese „unerwünschten Nebeneffekte“ hätte die Hartz-Kommission ja indirekt eingeräumt – indem sie festgelegt hat, dass Unternehmen nicht mehr Ich-AGs beschäftigen dürfen als reguläre Mitarbeiter. „Macht 50 Prozent Missbrauch“, summierte gestern die Memo-Gruppe.

Sie fordert eine andere Verwendung der Subventionsmillionen: Im nächsten Jahr sollten vier Milliarden Euro bereitgestellt werden, um 250.000 ABM- und SAM-Arbeitsplätze zu finanzieren. Denn für die „Problemgruppen in Problemgebieten“ habe Hartz gar kein Konzept – also für die älteren Arbeitnehmer und den Osten.

Finanzminister Eichel warf man vor, dass er die Finanzen für 2003 „geschönt“ habe. Es sei „kreative Haushaltsführung“ anzunehmen, dass die Bundesagentur für Arbeit im nächsten Jahr ohne einen Bundeszuschuss auskommen würde. In diesem Jahr wird er sich auf 5 Milliarden Euro belaufen – und mit ähnlichen Summen rechnen die Wissenschaftler auch für 2003. Ein Grund: Die Arbeitsämter hätten inzwischen eingeräumt, dass ihre neuen Zeitarbeitsfirmen (PSA) im nächsten Jahr nicht 500.000 Arbeitslose vermitteln, sondern höchstens ein Zehntel.

ULRIKE HERRMANN