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Kabeljau: ein Fisch mit tausend Namen

Der Kabeljau hat tausend Namen. Da er zur Gattung der Dorschartigen gehört, wird er manchmal auch einfach als „Dorsch“ bezeichnet. Unter der Bezeichnung Dorsch kann aber auch ein Schellfisch gemeint sein, der sehr ähnliches Fleisch wie der Kabeljau besitzt und ebenfalls zu den dorschartigen „Grundfischen“ zählt. Beide Fische zerfallen beim Kochen und Braten zu charakteristisch weißen Fischflocken. Das „Beefsteak der Seefahrer“ ist immer Kabeljau, der nicht nur Handelsware, sondern auch traditioneller Proviantfisch war.

„Stockfisch“ ist ebenfalls Kabeljau und zusammen mit „Klippfisch“ eine seiner klassischen Bezeichnungen. Stockfisch heißt er nicht, weil er nach dem Trocknen hart wie ein Eichenstock wäre (das vielleicht auch), sondern weil er gesalzen und an Stangen zum Trocknen aufgehängt wurde. Klippfisch heißt er, weil er manchmal nicht an Stangen, sondern auf dem nackten Fels, also auf der Klippe in der Sonne getrocknet wurde. Weil der störrische Stock- oder Klippfisch von Millionen Köchinnen gewässert und weich geklopft werden musste, bevor er auf den Tisch kam, heißt er manchmal auch „Klopffisch“. „Laberdan“ nennt man den frisch eingesalzenen Fisch.

Kabeljaunamen und -synonyme haben häufig sexuelle Konnotationen. Ob dies an der großen Fruchtbarkeit des Kabeljaus liegt oder womöglich daran, dass die Fischer damit prahlten, dass sie den größten (aus dem Wasser gezogen) haben? Im Französischen gibt es für den wichtigsten aller Seefische – noch vor dem Hering – zwei Bezeichnungen: „cabillaud“ und „morue“. Französisch sprechende Kanadier reden nur von morue. Morue ist zugleich die Prostituierte. Kabeljauexperte Mark Kurlansky glaubt, dass die gnadenlose Kommerzialisierung des Kabeljaus ihn zur Hure unter den Fischen gemacht habe. Morue ist ein durch Profitgier entwürdigtes Wesen. Dann müssten aber eher die Fischer und Trawlerkapitäne morue genannt werden und nicht das harmlose Flossentier.

„Cod“ ist der gebräuchliste englische Begriff, der auch Cape Cod seinen Namen gab. Cod bedeutet zugleich Tasche, Beutel und Hodensack. Cod ist eigentlich ein Aufbewahrungsort für pflanzlichen Samen, die früher in kleine Schachteln gefüllt und verkauft wurden. Im 16. Jahrhundert stopften sich eitle, unerschrockene Männer ein cod piece in die Hose, um mächtige Genitalien vorzutäuschen.

In Neuengland wird der Kabeljau manchmal auch als „heiliger Kabeljau“ bezeichnet. Angeblich war es ein Kabeljau, den Christus bei der Massenspeisung vermehrte, um das Volk zu sättigen. Kurlansky berichtet über eine Legende, der zufolge Satan die Fischvermehrung von Jesus kopieren wollte. Doch der Junge hatte Pech. Der Fisch erschrak unter den brennend heißen Händen des Teufels und zappelte sich frei. Satans Daumen und Zeigefinger sollen zwei schwarze Brandmale hinterlassen haben. So entstand der Schellfisch mit seinen schwarzen Streifen.  MAN

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