Pfusch beim AKW-Bau

Für die Mängel am Atomkraftwerk Unterweser waren offenbar zwei Subunternehmer verantwortlich

HANNOVER taz ■ Es ist kein Bagatelldelikt, der der niedersächsischen Atomaufsicht bei der Revision im Atomkraftwerk Unterweser aufgestoßen ist: Weil es bei drei von vier atomaren Zwischenkühlern des Reaktors Abweichungen von den Bauplänen gibt, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen „fehlerhafter Herstellung einer kerntechnischen Anlage“ – ein Tatbestand, den Paragraf 312 des Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bedroht.

Das Umweltministerium in Hannover schließt nicht aus, dass die Zwischenkühler ausgetauscht werden müssen. Das Bundesumweltministerium lässt bundesweit nach ähnlichen Mängeln bei der Herstellung von AKW-Anlagenteilen fahnden.

Angefangen hatte alles mit Undichtigkeiten an alten Zwischenkühlern des Kraftwerks, die 1999 auf Anordnung des Landesumweltministeriums ausgetauscht werden mussten. Den Auftrag erhielt eine Siemens-Tochter, die heutige Framatome ANP, gegen die die Staatsanwaltschaft jetzt ermittelt. Den eigentlichen Bau übernahmen jedoch zwei Subunternehmer im Rheinland und in Sachsen-Anhalt.

Bei der jetzigen Revision musste einer der neuen Zwischenkühler erstmals vom TÜV auf Verschleiß untersucht werden. Dabei stimmte bei dem im Rheinland gefertigten Kühler der Verlauf einer Schweißnaht nicht mit der Sicherheitsdokumentation überein. Der TÜV meldete die Abweichung nach Hannover. Daraufhin wurden alle Zwischenkühler unter die Lupe genommen. Und da fanden sich bei den beiden in Sachsen-Anhalt von RB Aschersleben gefertigten Kühlern „gravierende“ Qualitätsmängel: Eine Schweißnaht, die maximal 2,5 Zentimeter breit sein durfte, maß 6 Zentimeter, an anderer Stelle fehlte die Gegenschweißnaht im Innern. Allein an einem Kühler fand man zehn Abweichungen.

Ein Gutachter der TÜV-Tochter MPA Leuna, der einem der Kühler das Prüfsiegel gegeben hatte, ist suspendiert. Der Gutachter des zweiten Kühlers, der bei der Abnahme im Bereich Anlagentechnik des TÜV in Halle beschäftigt war, ist mittlerweile Pensionär. Die MPA Leuna hatte auch Fachpersonal für Spezialaufgaben an AKW-Betreiber ausgeliehen und darf deswegen auf Anweisung der TÜV-Nord-Gruppe überhaupt keine Gutachteraufträge aus dem atomtechnischen Bereich mehr annehmen.

Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD) schloss nicht aus, dass bei den Prüfsiegeln persönliche materielle Interessen im Spiel waren. JÜRGEN VOGES