„Im Detail wird das schwierig“

Helmut Born, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, zu den praktischen Folgen der vorgeschlagenen Kennzeichnungspflicht. Dass die Gentechnik schnell kommt, glaubt er nicht

taz: Bundesministerin Künast nennt die neue Kennzeichnungspflicht einen „Meilenstein für Landwirte und Verbraucher“. Sehen Sie das auch so?

Helmut Born: Grundsätzlich ist die Vereinbarung sinnvoll. Die Landwirte haben nun eine klare, gerichtsfeste Messlatte für den eigenen Anbau wie auch für zugekaufte Futtermittel. Wenn etwa ein Landwirt Genpflanzen anbaut und der daneben nicht, müssen beide ein Verfahren finden, wie die Obergrenze von 0,9 Prozent eingehalten wird.

Wie soll das aussehen?

Das wird sich dann schon zeigen, etwa über Abstandsflächen. Landwirte arbeiten im Ackerbau seit Jahrtausenden nebeneinander. Auskreuzungen zwischen Sorten gab es schon immer, ob gentechnisch oder konventionell.

Wie wird eine Haftung geregelt?

Wenn jemand seinen Abnehmern Sortenreinheit zugesagt hat und er kann dies nicht einhalten, muss ihm der Verursacher einen Ausgleich für den entstandenen Schaden zahlen. Im Detail wird das natürlich schwierig. Aber noch ist ja keine Sorte für den breiten Anbau zugelassen.

Saatgut enthält verändertes Erbmaterial, und das ist leicht nachzuweisen. Wie sieht es aber aus bei den Stoffen, deren Herkunft sich im Nachhinein nicht mehr bestimmen lässt?

Hier sehe ich genau das Problem, weswegen ich auch nicht wie Frau Künast einen „Meilenstein“ in der Vereinbarung sehe. Bei Soja oder Raps etwa sind gentechnisch veränderte Organismen im Öl nicht nachweisbar. Auf der Margarine oder der Fertigsuppe muss dann trotzdem „Gentechnik“ draufstehen. Damit provozieren sie entweder, dass nie was draufgeschrieben wird – denn es kann ja nicht nachgewiesen werden – oder dass gleich alles gelabelt wird. Damit wäre de facto die Kennzeichnung eine Farce oder Verbrauchertäuschung.

Dann müssen Lieferanten eben den Herstellern Genfreiheit zusichern.

Genau das sehe ich kommen. Und dann werden wieder die Bauern die Dummen sein. Denn sie müssten dann die teuren Untersuchungen zahlen, und bei einem Skandal könnten alle billig die Schuld auf die Landwirte schieben.

Rechnen Sie überhaupt mit einer schnellen Verbreitung von Gensorten wie in den Vereinigten Staaten?

Erst einmal nicht. Denn wir haben hier wesentlich ertragreichere konventionelle Sorten als in Nordamerika. Ob die Gentechnik da schnell viel bringt, ist die Frage. Ganz anders wird die Diskussion laufen, wenn der Verbraucher einen Zusatznutzen hätte, sei es ein anderer Vitamingehalt oder etwa eine bessere Verarbeitung als nachwachsender Rohstoff. INTERVIEW: REINER METZGER