Hertha schon Achter

In München verliert eine lustlose Hertha mit 2:0. Träume von einem Spitzenplatz kann Berlin erst mal abhaken

Die Medienabteilung des FC Bayern München hatte gut inszeniert: Wenige Tage bevor Hertha BSC im Olympiastadion empfangen werden sollte, trat Sebastian Deisler, ehemaliger Herthaner und vor der Saison zu den Bayern gewechselt, vor die Presse. Aber das Spiel Berlin gegen München geriet zur Nebensache, denn Deisler hat für seinen neuen Arbeitgeber noch nicht gespielt: Nach einer langwierigen Knieverletzung ist er immer noch nicht fit. der 22-Jährige konnte lediglich Auskunft über den Stand seiner Rehabilitation geben. Und so musste Deisler – trotz zahlreicher Verletzungen immer noch als Riesentalent gehandelt – als Zuschauer auf der Tribüne verfolgen, wie sein ehemaliger Verein gegen seinen neuen Club antrat. Er wird sich vielleicht ein wenig gelangweilt haben. Denn allzu viel ist vor 40.000 Zuschauern nicht passiert, Bayern hat schließlich ziemlich unspektakulär 2:0 (1:0) gewonnen.

Der FC Bayern schien sich zunächst keine rechte Mühe geben zu wollen, schon nach dem 15. Spieltag Herbstmeister zu werden. Und Hertha BSC schien nicht wirklich etwas daran zu liegen, die Bayern nach 25 Jahren auf heimischem Rasen wieder einmal zu besiegen. Die Berliner standen in der Abwehr zwar gut, schafften aber kaum ein organisiertes Spiel nach vorne. In der 38. Minute ereignete sich die erste nennenswerte Chance auf Seiten der Hertha: Marcelinho traf den Pfosten und vergab die mögliche Hertha-Führung. „Uns haben ein paar Prozent vor dem Tor gefehlt“, sollte Marco Rehmer nach dem Spiel sagen.

In der 40. Minute stellte der FC Bayern das unter Beweis, was man gemeinhin Abgeklärtheit nennt: Mehmet Scholl flankte, Michael Ballack schoss aus 16 Metern das 1:0. Ein kleines Gerangel mit Oliver Kahn als Protagonist eröffnete die zweite Spielhälfte. Für Kahn brachte das die gelbe Karte, für das Publikum ein wenig Aufregung, bevor die Langeweile wieder aufkam und die spätherbstliche Kälte in die Glieder kroch.

In der 71. Minute fiel Roque Santa Cruz im gegnerischen Strafraum, Schiedsrichter Jürgen Jansen entschied – natürlich von beiden Seiten unterschiedlich bewertet – auf Elfmeter. Ballack hatte keine Mühe, den Strafstoß zum 2:0 zu verwandeln. Auf dem Platz schien Hertha anschließend demotiviert, umso energischer artikulierte Trainer Huub Stevens neben dem Rasen. Jansen schickte ihn deshalb auf die Tribüne. Diesen Vorfall ließ Stevens später unkommentiert, über Schiedsrichter wird dieser Tage in der Bundesliga eben nicht geschimpft. „Ich äußere mich nicht zum Schiedsrichter“, sagte Stevens.

Als der Schlusspfiff ertönte, war eine über weite Strecken langweilige und lustlose Partie zu Ende. Hertha BSC hatte vor der Saison heimlich vom Meistertitel geträumt, zumindest in der absoluten Spitze wollte man dabei sein. Die Spitze, also Bayern, ist jedoch momentan meilenweit entfernt, wie die Berliner am Samstag schmerzlich feststellen müssten. Bayern brauchte sich nicht sonderlich anzustrengen, es genügte eine mittelmäßige Vorstellung, um einen glanzlosen, aber doch nicht sehr gefährdeten Sieg einzufahren. „Es war kein schönes Spiel“, gab Michael Ballack zu, „wir können besser Fußball spielen.“

Aber in der Bundesliga reicht es eben auch so. Da kann Ballack fast ein ganzes Spiel lang abtauchen, aber bei zwei Szenen ist er da, wo er hingehört. Und dieses Mittelmaß reicht, um einen Gegner, der eigentlich höhere Ansprüche hat, einzuschüchtern und zu schlagen. Hertha verließ das Olympiastadion sichtlich geknickt, mit Tabellenplatz acht ist zur Zeit sogar das internationale Geschäft für die nächste Saison alles andere als gesichert. Drei Niederlagen in Folge lassen Huub Stevens ratlos werden: „Woche um Woche verlieren, das ist nicht gut“, stellte er fest. Eine genauere Analyse ließ er immerhin auch folgen: „Wir haben es nicht geschafft, uns aus der Abwehr zu lösen.“

Sebastian Deisler hat wahrlich kein aufregendes Fußballspiel gesehen. Und wem er letztendlich die Daumen gedrückt hat, ist nicht bekannt. KATHRIN ZEILMANN