Beziehung mit Schönheitsfehlern

Kurz vor seiner Reise nach Berlin erkrankte der Stettiner Stadtpräsident. Doch es gab ja noch die „Miss Polonia“

Nach Berlin wollte er kommen, zur ersten Präsentation seiner Stadt in Berlin, auch um zu beweisen, dass er kein „Antideutscher“ sei. Doch dann ist Marian Jurczyk, der frisch gewählte Stadtpräsident von Stettin, doch nur bis Mecklenburg-Vorpommern gekommen. Ein Grippevirus habe ihn kurzfristig davon abgehalten, wie geplant weiter nach Berlin zu fahren, erklärte an seiner Stelle Artur Zöllner, der Leiter des Büros für internationale Angelegenheiten der Stadtverwaltung von Stettin.

Die Beziehungen zwischen Berlin und seiner nächst gelegenen Großstadt lassen seit langem zu wünschen übrig. Die Städtepartnerschaft zwischen Kreuzberg und Stettin ruht, die direkte Eisenbahnverbindung ist bis auf eine Tagesrandverbindnung eingestellt, der Wandel durch Handel bislang ausgeblieben. Umso mehr hofften die Vertreter beider Stadtverwaltungen, durch die Präsentation „Szczecin in Berlin“ in der Universal Hall an der Gotzkowskystraße wieder neuen Schwung in diese Beziehung zu bringen. Eingefädelt wurde die Vorstellung vom ehemaligen Stadtpräsidenten Edmunt Runowicz, der allerdings Anfang des Monats abgewählt wurde. An seine Stelle trat mit Jurczyk einer an, der schon einmal dieses Amt bekleidet hatte. Seitdem gilt Jurczyk seinen politischen Gegnern als „Nationalist“ und „Antideutscher“.

Diesem Eindruck trat Jurczyk allerdings trotz Grippevirus entgegen: „Die Zusammenarbeit mit Berlin genießt einen besonderen Stellenwert“, teilte das Stadtoberhaupt dem Berliner Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) per Brief mit. Zuvor hatte Strieder bereits die kulturelle Gemeinsamkeit zwischen Stettin und Berlin betont, zugleich aber eingeräumt, dass der Entwicklung wirtschaftlicher und kultureller Beziehungen in der Vergangenheit viele bürokratische Hindernisse im Weg lagen.

Dies solle sich nun aber verbessern. Ein Jahr vor dem 160. Jahrestag der ersten Eisenbahnverbindung zwischen den beiden Städten wird zum Fahrplanwechsel der Bahn am 15. Dezember ein Regionalexpress verkehren. Der fährt anders als die bislang einzige Regionalverbindung nicht vom Bahnhof Lichtenberg ab, sondern ab Potsdam über die Stadtbahn. „Doch das ist längst nicht das, was wir uns wünschen“, sagte Strieder und forderte die Bahn auf, für ein verbessertes Angebot zu sorgen. „Die Osterweiterung muss auch infrastrukturell vorankommen“, sagte er. „Wir dürfen nicht erst investieren, wenn die Nachfrage steigt. Wir müssen auch eine Angebotspolitik machen.“

Das versuchten am Samstag und Sonntag auch einige Anbieter aus Stettin. Die Wojewodschaft Westpommern präsentierte sich als Berliner Naherholungsgebiet, und einige Baufirmen boten Fenster und Türen aus Aluminium und PVC an. Den besten Einblick in die Stettiner Wirtschaft gab aber die bereits am Vorabend gekürte „Miss Polonia“. Sie verteilte spärlich bekleidet die Werbezettel für die plastische chirugische Klinik „Artplastica“.

Und im Internetauftritt der Stettiner Stadtverwaltung hieß es gestern: „Präsident Marian Jurczyk in Berlin. Der Stadtpräsident beendete seine erste offizielle Auslandsreise.“ UWE RADA