In Gewahrsam ohne Wasser & Klo?

Lagen Nigerianer über eine Stunde gefesselt im Dreck, bevor sie ins Präsidium kamen – wo man ihnen den Toilettengang und Essen verwehrte? Mitglieder des Deutsch-Nigerianischen Vereins wollen nach Razzia nun juristisch gegen die Polizei vorgehen

Schutzgelderpressung in Bremen? Unter diesem Verdacht hat die Bremer Polizei Freitagabend einen Großeinsatz im Hohentor durchgeführt. Eine Hundertschaft rückte – bewaffnet und mit Schutzhelmen ausgerüstet – zum Treffpunkt des Deutsch-Nigerianischen Vereins aus. 27 Personen wurden festgenommen. Gegen den 38-jährigen Lawal B., der als „Hauptverdächtiger“ die Diskothek Memory in der Innenstadt bedroht haben soll, wurde jetzt Haftbefehl erlassen.

Die übrigen Männer kamen am Samstag Morgen frei. Im Vereinslokal wurden nach Angaben der Polizei weder Hinweise auf Straftaten noch Drogen oder Waffen gefunden. Nun aber erheben die Vereinsmitglieder schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Die habe in jeder Hinsicht unverhältnismäßig gehandelt – „und die Menschenwürde der Festgenommenen mit Füßen getreten“, so Vereinssprecher Godfrey Omoke.

„Wir werden den Anwalt einschalten“, kündigen die Männer an und berichten, wie die Polizei mit Waffen „at gunpoint“ eindrang, die Männer und ein zweijähriges Kind auf den Boden zwang und fesselte. Vor dem Abtransport ins Präsidium hätten manche „über eine Stunde draußen auf dem nassen Teer oder hier auf dem Erdboden gelegen“, zeigen die Nigerianer den Hinterhof, wo noch Plastikfesseln liegen.

Niemand habe auf die Toilette gehen dürfen. „Ich musste in die Hosen machen“, sagt ein junger Mann. Im Polizeigewahrsam sei das unverändert geblieben. „Viele von uns mussten bis zehn Uhr am Samstag dort bleiben. Wir haben kein Wasser bekommen, kein Essen. Und wir durften nicht auf die Toilette.“ Man habe ihnen bedeutet, die Notdurft in der Sammelzelle zu verrichten. Die Stimmung kocht – auch weil manche von Polizisten gehört haben, „ich soll doch nach Afrika gehen.“ Die Pressestelle der Polizei konnte dazu gestern abend keine Angaben machen. Zum Umfang der Polizeiaktion heißt es, die Polizei sei bei Nigerianern an Gegenwehr gewöhnt.

Die Nigerianer halten den Vorwurf „Schutzgelderpressung“ für falsch. Vielleicht sei er entstanden, weil Afrikaner in Bremen die Disko Memory seit einem Monat boykottieren – als Folge eines längeren Konflikts mit dem iranischen Betreiber, der sich sehr abfällig über Schwarze geäußert haben soll. Auch steht er bei Nigerianern im Verdacht, bei aufkommenden Streitigkeiten die Polizei zu rufen – und gleichzeitig die „arabisch-türkischen“ Gäste durch die Hintertür zu entlassen. „So werden wir Schwarzen immer zum Sündenbock und zu Schuldigen gemacht.“ Seit dem Boykott verliere der Wirt Einnahmen – insofern gehe es tatsächlich um Geld, aber nicht um Schutzgeld, sagen die Nigerianer. Vielmehr gehe ein konkurrierender Diskothekenbesitzer offenbar nun mit Hilfe der Polizei gegen die Boykott-Organisatoren vor.

Bereits in der vorvergangenen Woche haben sich Probleme angedeutet, berichten rund 25 Vereinsmitglieder aufgebracht und weitgehend synchron. Da sei der iranische Kneipenwirt vor einem neuen afrikanischen Club gesichtet worden, auf den jetzt alle Schwarzen ausweichen. Kurz darauf sei die Polizei gekommen. „Hier geht es ums Geld“, nicken sie. Aber doch nicht um Schutzgeld. „Ich bin ein Mann Gottes. Ich lüge nicht“, will ein nigerianischer Pastor seine Glaubwürdigkeit beschwören.

ede