raucherei
: Wirtschaftslobby gescheitert

Hinter dem deutschen Widerstand gegen eine EU-Tabakwerberichtlinie steckt angeblich weder die Werbebranche noch der Verlegerverband noch die Zigarettenindustrie. Die Bundesregierung begründet ihr Außenseiter-Nein zum Tabakwerbeverbot anders: Sie wolle den Anfängen wehren. Die EU-Kommission soll sich nicht in nationale Kompetenzen einmischen, zu denen die Gesundheitsvorsorge gehört.

Kommentarvon DANIELA WEINGÄRTNER

Dass sie das nicht darf, hat Deutschland schriftlich – vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Die Bundesregierung wäre also moralisch fein raus, wenn sie belegen könnte, dass an einem nationalen Tabakwerbeverbot, wie es andere EU-Staaten schon haben, in Deutschland gebastelt wird. Genau dies ist nicht der Fall. Wie bei den Altautos, den gefährlichen chemischen Substanzen oder der Kohlendioxid-Reduzierung setzt die Bundesregierung auch bei der Tabakwerbung auf freiwillige Selbstbeschränkung der Industrie. Die Deutschen entlarven sich damit erneut als verlängerter Arm mächtiger Wirtschaftslobbys.

Leider sind die Argumente der Gegenseite auch nicht weniger fadenscheinig: Die EU-Kommission gibt mit der einen Hand sechs Millionen Euro pro Jahr für eine Kampagne aus, die Jugendliche vom Rauchen abhalten soll. Mit der anderen Hand subventioniert sie den unrentablen Tabakanbau in der EU – mit einer Milliarde Euro jährlich. Und während die Mitgliedsstaaten vor gesundheitsschädlichem minderwertigem Tabak in Schmuggelzigaretten warnen, verbuchen die Finanzminister ihre Tabaksteuereinnahmen aus dem Konsum der kaum weniger schädlichen legalen Zigaretten. Moral: Rauchen schadet Ihrer Gesundheit, Nichtrauchen schadet dem Fiskus, Rauchen von Schmuggelware schadet doppelt.

Nicht einmal Verbraucherkommissar Byrne käme auf die Idee, dem mündigen Bürger seinen Glimmstengel zu verbieten. Warum er es völlig unproblematisch findet, ihm die Western-Romantik aus der Marlborough-Werbung vorzuenthalten, bleibt sein Geheimnis. Immerhin taugt eine solche Politik dazu, Aktionismus bei der Gesundheitsvorsorge vorzutäuschen, ohne das Budget zu belasten. Dass sich aber die EU-Kommission, die bei der Tabakwerbung Richtlinienkompetenz beansprucht, nicht dazu aufrafft, die Fördermittel für den Tabakanbau zu streichen, folgt nicht einmal der Sparlogik. Denn Subventionen für einen in unseren Klimazonen unrentablen Wirtschaftszweig bringen nicht einmal Geld in die Kasse, sondern kosten nur welches.