Zu Unrecht vergessen

Neuer Band zeichnet Biographien von Rechtsanwälten nach, die im Namen der Roten Hilfe agierten

Die Spuren etlicher Rechtsanwälte der Roten Hilfe (RH) verlieren sich in der Geschichte. Viele der Anwälte, die zwischen 1918 und 1933 Kommunisten, Sozialdemokraten und andere Linke vor Gericht vertraten, wurden in Konzentrationslagern getötet, nahmen sich im Exil das Leben oder wurden in sowjetischen Gefängnissen hingerichtet.

Um die zu Unrecht Vergessenen zu erinnern, haben sich Heinz-Jürgen Schneider, Erika und Josef Schwarz auf die Suche gemacht. Über 300 Juristen, die mit viel Courage und großem Engagement im Auftrag der RH Rechtsfälle übernahmen, fanden sie. Besondere Persönlichkeiten, denn am Ende der Weimarer Republik boten im Deutschen Reich zwar etwa 20.000 Anwälte ihre Dienste an, doch nur wenige, wie die Hamburger Anwälte Georg Gottlieb Doctor, Ernst Hegewisch und John Schmidt, übernahmen ein Mandat bei Verfahren gegen Linke.

Die Mehrheit der Richter- und Anwaltschaft tendierte nicht nur zu „antidemokratischen und reaktionären“ Auffassungen, sie agierten auch so. Zehntausende von Ermittlungsverfahren und Prozessen führte die Justiz in den 14 Jahren der Weimarer Republik gegen Linke, Tausende Gefangene saßen wegen „politischer Delikte“ in Haft. Gegen diese staatliche Repression entstand 1921 die Rote Hilfe, der bis 1932 über 500.000 Einzel- und Kollektivmitglieder angehörten. Die RH, deren Geschichte die Autoren kurz schildern, suchte hilfsbereite Anwälte und unterstützte die betroffenen Familien auch finanziell. „Während viele der Betroffenen KPD-Mitglieder waren“, so Schneider, „waren dies nur wenige der Anwälte“. Viele hätten das Mandat trotz der Gefahr, selbst wegen „hochverräterischer Unternehmungen“ belangt zu werden, angenommen.

Nicht alle Schicksale konnten die Autoren nachzeichnen. Viele Informationen sind verloren. So auch bei Gottlieb, dessen Spuren sich nach der Ausbürgerung verlieren. „An diese Schicksale hätte das kollektive Geschichtsbewusstsein nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus anknüpfen können“, so die Autoren. Andreas Speit

Heinz-Jürgen Schneider, Erika Schwarz, Josef Schwarz: Die Rechtsanwälte der Roten Hilfe Deutschland. Politische Strafverteidiger in der Weimarer Republik. Bonn 2002, 360 S., 25,00 Euro.

Buchvorstellung heute, 20 Uhr, Schanzenbuchladen, Schulterblatt 55