Innen Minister – außen Bambule?

Innensenator fürchtet Krawalle zwischen Weihnachtsmarkt und Innenministerkonferenz, weil die Proteste gegen seinen Hamburger Amtskollegen Schill an die Weser schwappen könnten– dabei möchte er Bremen von seiner besten Seite zeigen

Ein Horrorszenario: Im Rathaus debattieren die Innenminister der Republik über die innere Sicherheit, draußen zeigen ihnen „gewaltbereite“ Demonstranten deren Grenzen auf. Randale auf dem Weihnachtsmarkt – das will der Bremer Innensenator Kuno Böse (CDU) unbedingt verhindern, will er bei seinen Kollegen doch auch ein wenig Bremen-Werbung machen.

Einfach wird das nicht werden, wollen doch ganz verschiedene Gruppen den Innenministern ab morgen die Meinung sagen: Das linke Bündnis „Alles in Ordnung?“ will unter anderem für ein allgemeines Bleiberecht demonstrieren. Dazu könnten sich Roma-Gruppierungen gesellen. Außerdem, so Böse, verfüge die Polizei über Erkenntnisse, nach denen in Hamburg, Göttingen und Aurich in der „linksextremistischen“ Szene mobilisiert werde. Aus der größeren Hansestadt befürchtet Böse ein Überschwappen der durch die Räumung des Bauwagenplatzes „Bambule“ ausgelösten Proteste gegen den umstrittenen Innensenator Ronald Schill (PRO), dessen Staatsrat übrigens in Abwesenheit seines Chefs mit den BauwagenbewohnerInnen verhandeln soll. Die Parole „Wo Schill hingeht, werden auch wir sein“, mache in Hamburg die Runde, so Böse gestern. „Und in Hamburg haben sie ja Bambule im wahrsten Sinne des Wortes.“ Daher werde dieser Besuch „sicherheitsmäßig sicher nicht angenehm“.

Damit es für seine Polizei ein bisschen angenehmer wird, will das Stadtamt keine Demonstration durch die Obernstraße und über den Markt an der Kunsthalle vorbei genehmigen, wo die Innenminister die Van-Gogh-Ausstellung besuchen wollen. Noch ist kein schriftlicher – und damit juristisch anfechtbarer – Bescheid ergangen, aber die Anmelder fürchten, dass es beim Ausweichrouten-Vorschlag bleibt: vom Bahnhof bis an den Domshof, dann zurück und bestenfalls über die Contrescarpe ins Viertel. Gegen eine Route durch die Obernstraße soll das Stadtamt auf die dortigen Glasfassaden verwiesen haben.

Ob tatsächlich größere Gruppen von Kosovo-Roma nach Bremen kommen, ist wegen der so genannten „Residenzpflicht“ ungewiss: „Es muss gelingen, Menschen, die räumlichen Beschränkungen unterliegen, an der Anreise zu hindern“, vertraut Böse auf das Eigeninteresse seiner Amtskollegen an einer ruhigen Tagung. Dort soll nämlich unter anderem über die Rückführung von Minderheiten ins Kosovo beschlossen werden. Böse war im November ins Kosovo gereist und fand dort zwar deprimierende wirtschaftliche Zustände vor, aber auch Regionen, in denen von einer generellen Gefährdung keine Rede mehr sein könne. Deshalb, so viel ließ Böse gestern vorab wissen, habe er seinen Kollegen vorgeschlagen, mit der Rückführung zu beginnen, dabei aber zunächst auf Freiwilligkeit zu setzen. Zu Abschiebungen werde es nicht vor dem nächsten Sommer kommen.

Auch der öffentliche Dienst will bei den Ministern auf die Trommel hauen – sie sind in vielen Ländern die obersten Dienstherren. Um ihre Gehaltsforderung von „drei Prozent plus X“ durchzusetzen, ruft die Gewerkschaft Verdi in Bremen öffentliche Angestellte zu einem Warnstreik auf. Beamte, denen Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen und die Bezüge um bis zu zehn Prozent gekürzt werden sollen, dürfen laut Gesetz nicht streiken – auf die Straße gehen wollen sie trotzdem: Zur Kundgebung vor dem Park-Hotel, die mit den Verdi-Warnstreikern stattfinden soll, erwartet der DGB bis zu 6.000 Beamte aus dem gesamten Bundesgebiet.

Für die Bremer Polizei ist das noch eine Herausforderung: Sie soll durch Kollegen aus anderen Bundesländern verstärkt werden – nur nicht aus Hamburg. Die Beamten dort haben sich nach 18 Bambule-Demos in drei Wochen eine Atempause verdient. Jan Kahlcke

Siehe auch Seiten 1 und 7.