Waffenstillstand für Burundi

Unter internationalem Druck einigt sich die größte Hutu-Rebellengruppe des Landes mit der Regierung. Die Waffen sollen schweigen, der Frieden von einer afrikanischen Eingreiftruppe überwacht werden. Aber nicht alle Probleme sind gelöst

von DOMINIC JOHNSON

Die wichtigste Rebellengruppe und die Regierung von Burundi haben gestern ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet, das einen der blutigsten Konflikte Afrikas beenden könnte. Pierre Buyoya, Staatspräsident, und Pierre Nkurunziza, Führer der Rebellenbewegung FDD (Kräfte zur Verteidigung der Demokratie) setzten gegen zwei Uhr nachts im tansanischen Arusha ihre Unterschriften unter das 15-seitige Dokument. Nun sollen nach Angaben der südafrikanischen Verhandlungsführerschaft die Waffen innerhalb von vier Tagen schweigen, und das Abkommen insgesamt soll am 30. Dezember in Kraft treten.

Das wäre ein Wunder. Seit 1993, als Soldaten der traditionell Tutsi-beherrschten Armee den ersten freigewählten Hutu-Präsidenten Melchior Ndadaye ermordeten, sind über 300.000 der 7 Millionen Einwohner Burundis bei Kämpfen ums Leben gekommen. Große Teile von Ndadayes Partei Frodebu (Front für Demokratie in Burundi) griffen nach dessen Tod zu den Waffen und begannen, Tutsi zu ermorden, worauf Tutsi-Politiker mit der Entfernung von Hutu aus der Hauptstadt Bujumbura und schließlich 1996 mit einem Militärputsch antworteten. Der per Putsch an die Macht gekommene Buyoya schloss im Sommer 2000 Frieden mit der Frodebu, die in eine Allparteienregierung unter dem Schutz südafrikanischer Eingreiftruppen aufgenommen wurde. Aber die in sich gespaltenen Hutu-Rebellen kämpften weiter.

Waffenstillstandsverhandlungen begannen im August 2002, aber bis jetzt brachten sie nur mit unwichtigen Rebellengruppen Erfolg. Währenddessen intensivierte der von Nkurunziza geführte Mehrheitsflügel der FDD ebenso wie der Mehrheitsflügel der FNL (Nationale Befreiungsfront) den Krieg. Die burundische Hauptstadt stand regelmäßig unter Artilleriebeschuss, während aus dem Landesinneren Massaker und massive Fluchtbewegungen gemeldet werden.

Das neue Abkommen ist auf intensiven ausländischen Druck zurückzuführen. Seit Oktober waren mehrere Gesprächsversuche der Regierung mit der FDD gescheitert. Am vergangenen Wochenende trat daher ein Krisengipfel unter Führung der Präsidenten von Uganda, Tansania und Südafrika zusammen und knallte den burundischen Konfliktparteien ein Abkommen vor die Nase. Unter dem Druck von Sanktionsdrohungenen gab die FDD nach.

Die Rebellen akzeptieren nun das Friedensabkommen von 2000; die Regierung machte Zugeständnisse, die darauf hinauslaufen, die Armee auf eine Stufe mit den Rebellen zu stellen. Laut dem Abkommen stellen beide Seiten ihre schweren Waffen unter internationale Kontrolle, und die Hutu-Rebellen sammeln sich in Demobilisierungslagern, bevor sie mit der Armee zu einer nationalen Streitmacht verschmolzen werden.

Die Details dazu sind noch nicht klar, und die Entsendung der benötigten internationalen Kontrolltruppe – vermutlich aus Südafrikanern und Nigerianern unter UN-Mandat – ist auch noch nicht beschlossen. So gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten für ein Scheitern des Abkommens. Ein burundischer Journalist in Bujumbura bezeichnete es gestern schon als Erfolg, dass Präsident Buyoya nach der Unterzeichnung mit seinem Flugzeug wieder in Bujumbura landen konnten, ohne abgeschossen oder weggeputscht zu werden. Und die nicht am Abkommen beteiligte FNL kann ihren Krieg weiterführen, ebenso wie die Tutsi-Opposition unter Exdiktator Jean-Pierre Bagaza Bujumburas Tutsi weiter gegen den „Ausverkauf“ an die Hutu-„Völkermörder“ mobilisieren kann.