Kritik an Richter-Nominierungen

Argentiniens Kandidat für den Internationalen Strafgerichtshof ist „Opus Dei“-Mann und gegen die „Pille danach“

GENF taz ■ Die „Koalition für einen effektiven Internationalen Strafgerichtshof“, die über 1.000 Nichtregierungsorganisationen (NGO) aus aller Welt umfasst, hat den am letzten Wochenende abgeschlossenen Nominierungsprozess für die Wahl der 18 RichterInnen des IStGH kritisiert. Eine Reihe der 45 Regierungen, die eine/n Kandidatin/en für die für Anfang Februar vorgesehene Richterwahl aufgestellt haben, hätten sich „nicht an die im IStGH-Statut vorgeschriebenen Regeln für das Nominierungsverfahren gehalten“, erklärte der Koordinator der NGO-Koalition, William Pace, gegenüber der taz. Die NGOs fordern eine Überprüfung durch die Konferenz der bislang 85 Vertragsstaaten des IStGH. Dabei festgestellte Verstöße gegen das IStGH-Statut müssten zum Rückzug oder zur Revision von Nominierungen führen.

Laut Artikel 36 des Statuts müssen RichterInnen des IStGH „Personen von hohem Ansehen“ sein, „die sich durch Unparteilichkeit und Ehrenhaftigkeit auszeichnen und die in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen“. Jeder Vertragsstaat des IStGH kann Kandidaten nominieren, entweder nach dem eigenen Verfahren für die Besetzung der höchsten richterlichen Ämter oder nach dem Verfahren, das im IStGH-Statut für die Auswahl seiner RichterInnen vorgesehen ist.

Besonders gravierend verletzt wurden diese Vorschriften nach Ansicht der NGOs von den Regierungen Argentiniens und Fidschis. In Argentinien wurde zunächst gemäß dem IStGH-Statut die Völkerrechtsexpertin Silvia Fernandes de Gurmendi von dem für die Nomination der höchsten Richter des Landes zuständigen Ausschuss als Kandidatin vorgeschlagen. Doch Präsident Eduardo Duhalde ignorierte dies und nominierte seinen alten Freund Antonio Boggiano, Richter am höchsten Gericht Argentiniens. Boggiano ist Mitglied von „Opus Dei“, wird der Verstrickung in Korruptionsskandale verdächtigt und hat in Rechtsgutachten dafür plädiert, dass Frauen die Einnahme der „Pille danach“ strikt verboten wird, selbst nach Vergewaltigungen.

Auch die Regierung von Fidschi ignorierte mit der Nominierung des Richters Timoci Tuivaga den vorherigen Auswahlprozess, der auf die Richterin Nazhat Shameem als Kandidatin für den IStGH hinauslief. Tuivaga unterstützte während des versuchten Staatsstreichs im Jahre 2.000 die Abschaffung der Verfassung. Shameem, damals Staatsanwältin, hatte sich für deren Beibehaltung eingesetzt.

ANDREAS ZUMACH