Emanzipation von Eimsbush

Karl May-Reggae ist nun ein Loktown-Ding: Die „Sam Ragga Band“ tauscht nicht nur Eimsbüttel gegen Lokstedt, sondern möchte abseits ihres Daseins als Begleitband für Jan Delay nun auch eigenständig agieren

Lokstedt flasht auf Musik – nicht auf HipHop. „Wir sind Musiker und keine HipHopper“, weiß Marc Wilkes. Der Gitarrist der Sam Ragga Band hat gut reden. Immerhin ist sein Bruder Martin als Absolute Beginner-Gründungsmitglied nicht ganz unschuldig an dem Hype, der sich dafür verantworten muss, dass viele Neu-Hamburger unbedingt nach Eimsbüttel ziehen wollen, um als HipHopper entdeckt zu werden. Über diese Verbindung begann die freundschaftliche wie musikalische Zusammenarbeit zwischen den Wilkes und Absolute Beginner.

Nicht zuletzt auch ein Beginn der kulturellen Hochphase Eimsbüttels, die schließlich in einem eigenen, inzwischen europaweit bekannten Label mündete. Reggae spielte bereits damals, Anfang der Neunziger, eine nicht unwichtige Rolle bei den Bandmitgliedern. „Speziell in Hamburg hat Reggae eine lange Tradition, als zum Beispiel Anfang der 80er im Störtebeker und der Roten Flora viele englische Soundsystems aufgetreten sind“, erinnert sich Wilkes. 1996 kam es während der Flashnism-Tour der Absolute Beginner dann zum ersten öffentlichen Auftritt der von Jan Eißfeldt (alias Jan Delay), Marc und Martin Wilkes ins Leben gerufenen Reggae-Band.

Das Musikerspektrum erweiterte sich um Keyboarder Oliver Kusterer, Bassist Alexander Busse, Drummer Hartmut Karez und Perkussionist Detlev von Bötticher. Gemeinsam nahmen sie Takes für Jan Delays herausragendes Album Searching For The Jan Soul Rebels auf und tourten damit durch Europa.

„Wir hatten während der Tour so viele Riddims aufgenommen, dass wir nun einfach eine eigenständige Platte rausbringen wollten, ohne von der Zeit Jans abhängig zu sein“, erklärt Marc Wilkes die Motivation, nun auch mit einer eigenen Veröffentlichung in Erscheinung zu treten. Der wesentliche Unterschied liegt in der Produktionsmethode: Hatten bisher immer noch Produzenten wie Matthias Arfmann oder Eißfeldt ihre Finger bei der Nachbearbeitung im Spiel, besitzt das Sam Ragga-Debüt Loktown Hi-Life einen ausgeprägteren Live-Charakter. Der geht zwar manchmal auf Kosten der Tightness, entspricht aber vielleicht gerade deshalb dem, was Eißfeldt/Delay früher mit „Karl May-Reggae“ umschrieb. „Mit Karl-May ist nicht der freiere Produktionsstil gemeint“, entkräftet Wilkes den möglichen Vorwurf eines Bad Segeberg-Hypes, „sondern eher Reggae als Einfluss beschrieben, der nach eigenen Empfindungen umgesetzt wird.“ Denn Sam Ragga ist ein Loktown-Ding, Digger. Oke Göttlich

im Rahmen der „go create TM resistance“-Veranstaltung (siehe auch Querschnitt Seite 1): Sonnabend, 23.30 Uhr, Deutsches Schauspielhaus