Sicherheitsrisiko DGB

Kompromiss gekippt: Schill verbietet der Gewerkschaftsdemo die Mönckebergstraße. Heute Treffen zwischen Bambule und Innenstaatsrat

von KAI VON APPEN

Ein Tag der Doppelstrategie: Während sich Innenstaatsrat Walter Wellinghausen heute mit den Bambule-Anwälten zum Gespräch trifft, setzt Innensenator Ronald Schill weiter auf Konfrontation. Der für 16.30 Uhr ab Besenbinderhof geplanten Demonstration der Hamburger Gewerkschaften gegen die Sozialpolitik des Senats ließ er kurzerhand die Route durch die Mönckebergstraße verbieten, weil die Polizei nicht zulassen will, dass sich die Bambulisten der Demonstration anschließen. Zwar hatten sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Polizei gestern Vormittag noch auf eine Kompromissroute über den Jungfernstieg geeinigt, dieses Angebot zog Schill am Nachmittag jedoch wieder zurück. DGB-Chef Erhard Pumm: „So etwas hab ich in den vergangenen 40 Jahren nicht erlebt.“

Heute wollen die Gewerkschaften ihr weiteres Vorgehen bekannt geben, nach taz-Informationen werden sie vor dem Verwaltungsgericht klagen. Die Polizei bietet jetzt nur noch eine Route über die Ost-West-Straße an. Sprecherin Ulrike Sweden begründet: „Jungfernstieg statt Mönckebergtraße wäre das Gleiche in Grün gewesen.“ Pumm betont, dass es „noch niemals auf einer Gewerkschaftsdemonstration auf der Mönckebergstraße gewalttätgige Ausschreitungen gegeben“ habe. Der DGB-Chef hat vielmehr den Verdacht, dass „der Innensenator keine Gelegenheit auslässt, als Provokateur aufzutreten“.

Der DGB rechnet mit mindestens 5000 Teilnehmern. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die an sich mitdemonstrieren wollte, hat allerdings ihre Teilnahme mit Hinweis auf die Bambule derweil zurückgezogen: „Wir wollen nicht mit diesen Menschen in einen Topf geworfen werden.“

Um 12 Uhr trifft derweil Wellinghausen mit der Bambule-Gruppe und ihren Anwälten Andreas Beuth und Manfred Getzmann in der Innenbehörde zu einem ersten Gespräch zusammen, um nach über vier Wochen des Ausnahmezustands in der Stadt eine friedliche Lösung des Konfliktes um die Räumung des Bauwagenplatzes an der Vorwerkstraße zu finden.

Entgegen Wellinghausens steten Beteuerungen, Hamburgs Polizei sei auf alles vorbereitet und nach wie vor einsatzfähig, herrscht bei den Beamten mittlerweile erheblicher Unmut über den Dauereinsatz. „Die Polizei pfeift aus dem letzten Loch“, sagen Insider. So werden zurzeit vor Jahren erprobte Einsatzführer von Einsatzzügen und Bereitschaftspolizei-Hundertschaften, die auf der Karriereleiter schon längst den eher ruhigen Platz von Revierführern eingenommen haben, zur Leitung von „Alarmhundertschaften“ abkommandiert. Das sind Einsatzverbände, die aus Frauen und Männern aller Einsatzkategorien zusammengewürfelt werden, die im allgemeinen Vollzugsdienst aufzugabeln sind.

Selbst an der Fachhochschule der Polizei werden entgegen allen hochschulpolitischen Vorgaben Kräfte für Bambule-Einsätze rekrutiert. So werden heute erneut mindestens 80 KommissarsanwärterInnen des fünften Semesters eingesetzt, die mitten in Klausuren stecken. Pikant: Sie verstoßen damit gegen das Diktat Wellinghausens, der im November für alle Studierenden Präsenzpflicht an der Uni angeordnet hat. Nun sollen die Klausuren verschoben werden.

Um das Bild in der Öffentlichkeit zu wahren, sollen darüber hinaus umgehend auch Seiteneinsteiger der Uni, die zuvor noch gar keine Polizeierfahrung hatten, per Uniform Präsenz bei Verkehrskontrollen zeigen. Das Ganze wird unter „Praxis-Praktikum“ abgehandelt.