„Auch das Gehen geht schon wieder“

Überraschend wird die Hattinger Sporttherapeutin Conny Dauben, 27, auf Hawaii Weltmeisterin im Ultraman-Triathlon

taz: Aus Höflichkeit habe ich zwei Tage gewartet mit dem Interview, weil ich dachte, die muss erst mal eine Weile unters Sauerstoffzelt oder schläft 48 Stunden. Stattdessen waren Sie schon wieder beim Sport.

Conny Dauben: Klar, ich war heute paddeln. Das ist Traditionssport auf Hawaii und sehr schön. Tagelang rumliegen ist nicht gut. Und der Puls ist längst wieder downgeloadet. Auch das Gehen geht schon wieder.

Wie war es?

Grandios. Toll. Ich wollte ja nur finishen, und dann gewinne ich. Wahnsinn. Vor zwei Jahren bei meinem ersten Ultraman hatte ich nach den 10 Kilometer Schwimmen schon das Zeitlimit überschritten. Jetzt war weniger Gegenströmung, und das Wasser hat mich wohl geliebt. Ich habe kaum größere Fische gesehen, musste mich mit keinem Hai auseinander setzen. Den Sonnenaufgang unterwegs habe ich genossen. Eine US-Konkurrentin hatte Kontakt mit einem Jellyfish, das gibt Verbrennungen. Für die war Schluss.

Radeln macht mehr Spaß?

Ja. Und nach den 420 Kilometer Rad fahren lag ich in Führung. Meine Crew hat gestaunt. Und ich auch. Und am dritten Tag dann der Doppelmarathon, fast 85 Kilometer. Vorher musste ich mir von meinem Begleitteam taktische Tipps anhören, von wegen langsam angehen lassen, aber ich bin einfach gelaufen und hab gar keine Frauen mehr gesehen. Ich bin immer mit den Männern vorne mitgelaufen.

Was macht man beim Laufen außer Laufen?

Och, wir hatten nette Unterhaltungen. Und die Männer haben alle knackige Ärsche – da guckt man schon gern hin. Nachher waren aber so viele hinter mir, da gab es nichts mehr zu sehen.

Das harte Los, wenn man so gut ist! Kein optisches Psychodoping mehr.

Stimmt. Einige haben dann versucht, bei mir zu gucken. Aber die sind nicht drangeblieben. Der zweite Teil wurde auch langweiliger, ich hab’ sehr viel gegessen und getrunken unterwegs, mein Vater war in der Crew und hat mich gefüttert. Und wenn du mal raus musst – die Sträucher sind rar zwischen den Lavafeldern. Im Ziel …

nach 28 Stunden und 33 Minuten …

… also das war gigantisch. So ein Spektakel. Jetzt bin ich Weltmeisterin, unglaublich. Im Moment realisiere ich noch gar nicht richtig, was da passiert ist. Ich bin so überrascht über mich selbst, unglaublich, so unwirklich.

Die meisten Teilnehmer sind Ende 30 aufwärts, das geht bis 49 Jahre. Fühlt man sich nicht als Baby unter Oldies?

Alles alte Knacker, ja. Ich hab bei meiner Siegerrede auch die anderen Ladies gelobt: Nicht schlecht, was ihr für euer Alter geleistet habt …

Und wo soll das noch hinführen? Mit 27 als beste Ultrawoman sind noch 20 Jahre Ultra-Sport auf höchstem Niveau drin.

Na, ich hoffe sehr weit. Viel hängt von Sponsoren ab. Die bräuchte ich. Im Moment zahle ich alles selbst, allein die Teilnahmegebühr hier sind 500 Dollar. Wohnen, der Flug, Auto mieten, drei Tage mein Team versorgen: Das kann man nicht oft machen allein. Aber erst muss ich noch ein paar Nächte drüber schlafen. Der Kopf muss sich genauso erholen wie die Beine. Ich bin jetzt acht Wochen hier im schwülen Hawaii. Am Sonntag bin ich dann wieder zurück. Und ich freue mich auf die Weihnachtsmärkte, auf knackigen Winter statt knackiger Läuferhintern, auf Glühwein und Lebkuchen. Und aufs Skilaufen.

INTERVIEW: BERND MÜLLENDER