Die Rüstungsindustrie ist erleichtert

Vor Streichungen bei Flugzeugen und Raketen fürchten sich die deutschen Hersteller weniger als vor der Konkurrenz ausländischer Konzerne

BERLIN taz ■ Eigentlich war es eine schwarze Woche für die deutsche Rüstungsindustrie: Verteidigungsminister Peter Struck gab teilweise drastische Kürzungen bei neuen Waffen bekannt und weitere Einschränkungen sind bereits angekündigt. Doch die Branche nahm es zumindest nach außen hin nicht tragisch. Im Gegenteil, man zeigte sich froh: „Wir begrüßen es, dass wichtige europäische Programme nun wirklich bestätigt worden sind“, so gestern ein Sprecher der Münchner Daimler-Tochter Eads, Erbauerin von Raketen, Hubschraubern und Airbussen.

Mag der Abbau der Nato-Armeen nach dem Ende des Kalten Krieges für Steuerzahler erfreulich sein, hat er die deutschen Militärlieferanten hart getroffen. Angesichts der rot-grünen Regierung fürchteten manche Rüstungslobbyisten schon eine „strukturelle“, also dauerhafte Abrüstung. Von 400.000 Stellen in Ost und West im Jahr 1989 existierten in der Branche nur noch 80.000, klagte der Bundesverband der Deutschen Industrie im September dieses Jahres.

Nun hat Minister Struck immerhin klargestellt, dass die Bundeswehr ungefähr in ihrer derzeitigen Größe weiterbesteht und umgerüstet wird auf mehr Auslandseinsätze. Daher das Aufatmen in der Rüstungsindustrie. Denn diese Entscheidung samt ihren Details musste schnell kommen, damit die Entwicklung der neuen Waffen nicht stockt. Flugzeuge, Hubschrauber, Raketen und schnelle Transportpanzer werden also gebraucht, wenn auch vielleicht in geringerer Stückzahl.

Die Luftwaffe wird beispielsweise für den überflüssigen, aber nicht mehr zu stoppenden Abfangjäger Eurofighter weniger Luftkampfraketen kaufen: Von der Kurzstreckenwaffe Iris-T werden 1.250 Stück bestellt statt wie geplant 1.812. Hersteller ist die zur Nürnberger Diehl-Gruppe gehörende Bodenseegerätetechnik BGT mit ausländischen Partnern. „Bei uns arbeiten etwa 300 Entwickler an der Iris-T“, so ein BGT-Sprecher. Sie soll Ende des Jahres von der Entwicklungs- in die Produktionsphase gehen. Fünf Länder haben sie schon geordert, inklusive der Bundeswehr. „Die geringeren Stückzahlen wirken sich, wenn überhaupt, erst am Ende der Fertigungszeit auf die Arbeitsplätze aus“, meint die BGT. „Schlimmer wäre eine weitere Verzögerung der Entscheidung und damit eine Programmunterbrechung gewesen.“

In der Branche waren die vergangenen Jahre von Fusionen unter den Rüstungskonzernen gekennzeichnet. In größerem Stil mischten dabei auf deutscher Seite nur die Daimler-Luftfahrt- und Rüstungstöchter mit, wie etwa Eads oder Eurocopter. Der Rest des Sektors sind im Weltmaßstab allenfalls Mittelständler, wie etwa die Panzerbauer Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegemann (der zu 49 Prozent wiederum Siemens gehört). Sie sind technisch teilweise führend, haben aber Angst, von US-Konzernen aufgekauft zu werden. Als warnendes Beispiel gilt ihnen der berühmte Kieler U-Boot-Bauer HDW. Er war im Mai von einer US-Bankentochter geschluckt worden. REINER METZGER