AKW: Pfusch mit bloßem Auge erkennbar

Jüttner will Gutachter künftig staatlich einsetzen. Neuer Castor-Transport aus dem AKW Unterweser am Dienstag

Die abweichend von den Vorschriften angebrachten Schweißnähte an den nuklearen Zwischenkühlern im AKW Unterweser bei Esenshamm nordwestlich von Bremen waren „mit bloßem Auge erkennbar“. Das erklärte ein Vertreter des niedersächsischen Umweltministeriums dem Vernehmen nach gestern vor dem Umweltausschuss in Hannover. An vier von Pitton & Gessner (Rheinland) sowie der Firma Rohrleitungs- und Anlagenbau (Aschersleben) hergestellten Kühlern waren demnach die Nähte anders und an anderen Stellen als genehmigt angebracht. Gutachter hatten den Anlagenbauern dennoch bescheinigt, nach den Vorgaben gearbeitet zu haben.

Niedersachsens Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD) kündigte an, dass die Hersteller von AKW-Bauteilen sich ihre Gutachter künftig nicht mehr selbst aussuchen dürften. Stattdessen solle der Staat die Prüfer einsetzen. Zudem solle in Zukunft das Vier-Augen-Prinzip bei den Kontrollen gelten.

Die energiepolitische Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag, Rebecca Harms, bezeichnete die Konsequenzen Jüttners als „überfällig, aber keineswegs ausreichend“. Nach Jüttners Plänen könnten nämlich nach wie vor beide Prüfer vom selben Prüf-Unternehmen kommen. Harms forderte darüber hinaus einen regelmäßigen Austausch der Gutachter, um das Entstehen von Seilschaften zu vermeiden. Jüttner sagte, er wolle den Vorschlag prüfen.

Die millimetertiefen Risse in den Speisewasserstutzen der Dampferzeuger, die bei den jüngsten Kontrollen im von Eon betriebenen AKW Unterweser ebenfalls entdeckt worden waren, sind nach neuesten Erkenntnissen angeblich nicht auf Herstellungsfehler, sondern auf Korrosionsfraß zurückzuführen. Jüttner soll vor dem Ausschuss zudem verneint haben, dass der Fehler an den Kühlern in Esenshamm auch an anderen AKW vorhanden sei.

Atomkraftgegner aus Bremen und Oldenburg erwarten am Dienstagabend einen weiteren Castor-Transport. Der Atommüll aus Esenshamm soll über Süddeutschland in die britische Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield fahren. sim

Castor-Info: ☎ 0421 - 70 01 44